Zur Kritik am Mariateguismus

Die inhaltliche Vermengung unserer Erfahrungen in politischen Gruppen, die den Klassenstandpunkt studieren, und der Linie der Redaktion Klassenstandpunkt selbst, war ein p o l i t i s c h e r Fehler, der aufgrund von Subjektivismus und Liberalismus gemacht wurde. Daher haben wir den Text überarbeitet. Hier ist der Text als PDF

Einleitung

Unter dem Schlagwort „Marxismus-Leninismus-Maoismus Gonzalodenken“ firmieren in Deutschland Kräfte, die sich selbst für Maoisten halten, aber den Dialektischen Materialismus mit Versatzstücken faschistischer Philosophie verschandeln, weil ihre Philosophie auf den Texten Carlos José Mariateguis basiert. Dieser philosophische Fehler schlägt sich in ihrer Lesart aller marxistischen Texte, ihrem Verhältnis zur Ideologie insgesamt, und ihrem Verständnis des wissenschaftlichen Sozialismus nieder. Daher ist eine Auseinandersetzung mit einem Text aus dem Klassenstandpunkt Nummer 6 zu Carlos Jose Mariategui von zentraler Bedeutung, wenn man den skurrilen Opportunismus dieser politischen Gruppen verstehen will.

Der theoretische Degenerationsprozess der Redaktion Klassenstandpunkt kommt aber in der aktuellen Ausgabe ihrer Zeitschrift zu ihrem Höhepunkt. Diesem muss Aufmerksamkeit gewidmet werden, weil sich darin ihre Unfähigkeit zur Massenarbeit offenbart und die Entwicklung zum Fokismus erklärt.

Die Entwicklung zum Fokismus liegt allerdings schon in einem früheren Text begründet. Der Text „Volkskrieg und Revolution“ der Kommunistischen Partei Brasiliens Rote Fraktion, der in miserabler Übersetzung im Klassenstandpunkt Nr. 16 abgedruckt wurde, behauptet Spezifika des Volkskrieges in unterdrückten Nationen als Universalien. So wird die mangelnde Anwendung des Volkskrieges auf die Bedingungen in einem imperialistischen Land zu Fokismus.

Zuletzt wollen wir aufzeigen, dass auch die Entstehung des nationalbolschewistischen Jugendwiderstands kein Zufall war, sondern auf den philosophischen Fehlern der Redaktion Klassenstandpunkt beruht.

1. Von Sorel über Mariategui zur Redaktion Klassenstandpunkt

Im Klassenstandpunkt Nummer 6 werden verschiedene Essays von Carlos José Mariategui zitiert, die alle aus dem zweiten Band der spanischen Werkausgabe stammen. Diese Essays haben wir in Gänze gelesen, aber wir haben kein vollständiges Studium der gesamten Werkausgabe durchgeführt, und können es nicht in Gänze bewerten, sondern nur die fraglichen Essays. An anderer Stelle hat Mariategui durchaus richtige Dinge gesagt, und den Marxismus verteidigt, folglich geht es explizit nicht um eine Verurteilung seines gesamten Denkens.

In den fraglichen Essays geht es um das Verhältnis von proletarischer Revolution und Faschismus, die Krise des Parlamentarismus, und den Mythos von Georges Sorel.

a) Georges Sorel und sein Begriff des Mythos

Georges Sorel war „einer der höchsten Vertreter des französischen Denkens des 20. Jahrhunderts“1, wenn es nach Mariategui geht, oder ein „bekannter Wirrkopf“2, wenn es nach Lenin geht. Er war ein dreckiger Opportunist, der sich nach der antisemitischen Dreyfus-Affäre von den Sozialisten abwandte, aus Ekel vor ihren verbürgerlichten Führern und aus einem Opportunismus heraus, dem es gleichgültig ist, warum sich die Massen bewegen, was Grund, Zweck und Inhalt ihrer Aktion ist. Daher konnte er sich für den Antisemitismus der katholischen Kirche begeistern, denn dieser bewegte die Massen. Sorels politische Schriften basieren nicht auf dem dialektischen Materialismus des Marxismus, sondern auf dem bergson‘schen Irrationalismus. Über Mariateguis Texte findet diese Feindschaft gegenüber der Vernunft auch Eingang in den Opportunismus der „maoistischen“ Kräfte in Deutschland.3

Glücklicherweise haben sie sich Sorels Anerkennung für Bernstein, seine „links“opportunistische Ablehnung der Partei, und seine wirre Zusammenfassung des Marxismus nicht zu eigen gemacht, und sehen bisher davon ab auch das noch zu verbreiten.

Sein Hauptwerk „Über die Gewalt“ (1906) bzw der diesem als Vorwort vorangestellte Brief, führt am ausführlichsten seine Theorie vom Mythos aus, auf die sich Mariategui und die Redaktion Klassenstandpunkt positiv beziehen. Wichtig für das Verständnis dieser Schrift ist, dass sie nach Sorels Wendung hin zur antisemitischen Rechten im Zuge der Dreyfus-Affäre von 1894-1906 geschrieben wurde. Allerdings war Sorel nie Marxist, sondern erst ein Konservativer und dann ein eklektizistischer Wirrkopf und Opportunist, ein Syndikalist und Revisionist und dann auch noch ein Antisemit; ein so prinzipienloser, dummer Hund, dass er sowohl Lenin als auch Mussolini bewundern konnte. Wesentlich ist hierbei, dass diese Bewunderung nur von Mussolini erwidert wurde, und Sorel so zum philosophischen Vordenker des italienischen Faschismus wurde.

Selbstverständlich finden sich bei einem eklektizistischen „Links“opportunisten immer wieder Versatzstücke, die sich gegen bürgerliche Intellektuelle und verbürgerlichte Parlamentarier wenden, die nicht ganz falsch sind, das ist eben das Wesen des Eklektizismus und „Links“opportunismus, aber es ist eben auch das Wesen des Eklektizismus und „Links“opportunismus, dass er eine rechte Abweichung vom Marxismus ist.

Sorel bestimmt seinen Begriff des Mythos am ausführlichsten im Brief an Daniel Halevy, der der Cambridge-Ausgabe von Reflections on Violence als Einleitung voran steht. Im folgenden wird der Mythosbegriff Sorels anhand von Zitaten daraus kritisiert.

Im erste Zitat definiert Sorel den Mythos als eine Form von Bildern der Schlacht, in denen der Triumph der Bewegung garantiert sei.

In the course of these studies one thing seemed so evident to me that I did not believe that I needed to lay much stress on it: men who are participating in great social movements always picture their coming action in the form of images of battle in which their cause is certain to triumph. I proposed to give the name of ‘myths’ to these constructions, knowledge of which is so important for historians: the general strike of the syndicalists and Marx’s catastrophic revolution are such myths. As remarkable examples of myths I have given those which were constructed by primitive Christianity, by the Reformation, by the Revolution, and by the followers of Mazzini. I wanted to show that we should not attempt to analyse such groups of images in the way that we break down a thing into its elements, that they should be taken as a whole, as historical forces, and that we should be especially careful not to make any comparison between the outcomes and the pictures people had formed for themselves before the action.4

Als empirische Tatsache könnte man das hinnehmen, wenn es denn stimmt. Das Bemerkenswerte hieran ist aber, dass Sorel sogleich den Übergang dazu macht, dass die verschiedenen Mythen verschiedener Bewegungen nicht analysiert gehören. Stattdessen solle man sie als Ganzes und als historische Kräfte nehmen, und insbesondere solle man sie nicht an der Praxis messen. Dies ist eine Stellungnahme für den Opportunismus. Weder Klassencharakter, noch Resultat einer Bewegung und ihres Mythos sollen interessant sein, sondern bloß, dass sich bewegt wird, und zwar leidenschaftlich.

Im nächsten Zitat ist weniger seine Enttäuschung über die Reaktionen auf seinen Mythosbegriff, als die Hoffnung, die er mit seiner Verwendung verband, interessant.

By employing the term ‘myth’ I believed that I had made a happy choice, because I thus put myself in a position of refusing all discussion with the people who wish to subject the general strike to detailed criticism and who accumulate objections against its practical possibility. It appears, on the contrary, that I had a very bad idea, since while some tell me that myths are only appropriate to a primitive society others imagine that I thought the modern world might be moved by dreams analogous to those which Renan thought might usefully replace religion; but there has been a worse misunderstanding and it has been believed that my theory of myths was only a lawyer’s plea, a falsification of the real opinions of the revolutionaries, an intellectualist sophistry. 5

Hier bricht sich sein Opportunismus in ungehaltener Weise Bahn. Er gibt offen zu, dass er sich mit der Verwendung des Begriffs Mythos dem Zweilinienkampf entziehen wollte. Dies steht konträr zur Dialektik von Praxis und Theorie im Marxismus. Im Marxismus soll die Theorie von der Praxis analytisch ausgehen, um synthetisch als Anleitung zur Praxis zu dienen, an deren Resultaten dann wiederum überprüft, und auf ein höheres Niveau gehoben werden, um wiederum Anleitung zu einer verbesserten Praxis zu sein. So soll die relative Wahrheit der Theorie entwickelt werden. Sorel will sich das ersparen, durch einen gegen die Erfolge und Misserfolge der Praxis ignoranten Glauben an den letztendlichen Triumph der Bewegung. So erklärt sich auch die vorherige Absage an die Analyse der Mythen.

Das nächste Zitat behandelt die Stellung der parlamentarischen Kretins, die Sorel „Sozialisten“ nennt, zur Revolution.

As long as there are no myths accepted by the masses, one may go on talking of revolts indefinitely without ever provoking any revolutionary movement; this is what gives such importance to the general strike and renders it so odious to socialists who are afraid of revolution; they do all they can to shake the confidence felt by the workers in the preparations they are making for the revolution; and in order to succeed in this they cast ridicule on the idea of the general strike, which alone has a value as a motive force. One of the chief means employed by them is to represent it as a utopia; this is easy enough, as there are very few myths which are perfectly free from any utopian element.

The revolutionary myths which exist at the present time are almost pure; they allow us to understand the activity, the sentiments and the ideas of the masses as they prepare themselves to enter on a decisive struggle; they are not descriptions of things but expressions of a will to act.

Sorel, Georges: Reflections on Violence. S. 28.

Das Richtige an diesem Zitat ist, dass es keine Revolution geben kann, solange die Massen nicht glauben, dass sie möglich ist. Ohne ein Bewusstsein der Möglichkeit der Revolution bei den Massen schreiten sie nicht zur revolutionären Tat.

Ebenso richtig ist, dass die Revisionisten sich stets bemühen die Möglichkeit der Revolution zu bestreiten und Zweifel daran zu säen.

Das Problem hier ist, dass Sorel den analytischen und synthetischen Aspekt der Theorie voneinander trennt. Das Verhältnis der Theorie zur Praxis ist zunächst analytisch. Die Theorie nimmt die Praxis als Stoff, und erklärt sie. Aus der Analyse werden wiederum praktische Schlüsse gezogen, dass ist die Synthese; der Sprung von der Theorie zurück zur Praxis. Sorel isoliert diese zwei Aspekte der Theorie voneinander, indem er die „descriptions“ durchstreicht und den „will to act“ isoliert.

Im Marxismus ist der wissenschaftliche Sozialismus, die Methode der Revolution, eine Schlussfolgerung aus der politischen Ökonomie. Sorels Mythos ist eine irrationalistische Entscheidung zur Tat, der angeblich keine Vorstellung und kein Begriff von der Welt zu Grunde liegt.

Nachdem Sorel uns ein paar Seiten zuvor seinen Unwillen zur Analyse der Mythen bekundet hat, geht er nun dazu über, seinen Mangel an Willen oder Fähigkeit zur Analyse der Sache selbst anzulasten. Es ist dies ein häufiger Trick der Revisionisten, um ihre verdorbene Subjektivität als Vernunft der Sache darzustellen. Dabei leistet er sich einige Widersprüche.

A myth cannot be refuted since it is, at bottom, identical to the convictions of a group, being the expression of these convictions in the language of movement; and it is, in consequence, unanalysable into parts which could be placed on the plane of historical descriptions. A utopia, on the other hand, can be discussed like any other social constitution; the spontaneous movements it presupposes can be compared with those actually observed in the course of history, and we can in this way evaluate their verisimilitude; it is possible to refute it by showing that the economic system on which it has been made to rest is incompatible with the necessary conditions of modern production.6

Ein Mythos könne nicht widerlegt werden, weil er identisch sei mit den Überzeugungen einer Gruppe, indem er der Ausdruck ihrer Überzeugungen in der Sprache der Bewegung sei; und daher könne man ihn nicht analysieren. Wenn man das liest, wundert man sich auch nicht mehr, dass Lenin zu diesem Schreiberling nicht viel mehr zu sagen hatte, als dass er ein Wirrkopf sei. Es gibt schlichtweg keinen inhaltlichen, logischen Zusammenhang zwischen seinen Prämissen und seinen Schlussfolgerungen.

Sein Vergleich zur Utopie ist auch vielsagend. Weil er keine Ahnung von politischer Ökonomie hat, würde er an einer argumentativen Auseinandersetzung über die Möglichkeit des Sozialismus scheitern, und dieses subjektive Unvermögen macht er zum Argument für die Überlegenheit eines irrationalen Mythos. Daran stimmt auch etwas, denn wer auf die vernünftelnde Kritik von Revisionisten und parlamentarischen Kretins gebetsmühlenartig seinen Glauben und Mythos hoch hält, der macht sich in gewisser Weise immun dagegen, indem er vor dem Zweilinienkampf einfach wegläuft. Er bildet sich auf seine Kapitulation allerdings viel ein.

Im folgenden Zitat geht es darum, inwiefern Sorel sich als Fortsetzer von Marx, und inwiefern er den Marxismus als Fortsetzung der Religion sieht.

For a long time socialism was scarcely anything but a utopia; and the Marxists were right in claiming for their master the honour of having changed the situation: socialism has now become the preparation of the masses employed in large-scale industry who wish to do away with the State and with property; it is no longer necessary therefore to discuss how men must organize themselves in order to enjoy future happiness; everything is reduced to the revolutionary apprenticeship of the proletariat. Unfortunately, Marx was not acquainted with the facts which have now become familiar to us; we know better than he did what strikes are, because we have been able to observe economic conflicts of considerable extent and duration: the myth of the general strike has now become popular and is now firmly established in the minds of the workers; we have ideas about violence that it would have been difficult for him to form; we can therefore complete his doctrine, instead of making commentaries on his texts as his unfortunate disciples have done for so long. In this way utopianism tends to disappear completely from socialism; the latter has no longer any need to concern itself with the organization of industry since capitalism does this. I think, moreover, that I have shown that a general strike corresponds to sentiments which are closely related to those that are necessary to promote production in a very progressive form of industry, that a revolutionary apprenticeship may also be an apprenticeship as a producer.

People who are living in this world of myths are secure from all refutation; something which has led many to assert that socialism is a kind of religion. For a long time people have been struck by the fact that religious convictions are unaffected by criticism; and from this they have concluded that everything which claims to be beyond science must be a religion. It has also been observed that in our day Christianity tends to be less a system of dogmas than a Christian life, that is, a moral reform penetrating to the roots of one’s being; consequently, a new analogy has been discovered between religion and a revolutionary socialism which aims at the apprenticeship, preparation and even reconstruction of the individual which takes place with this gigantic task in mind. But Bergson has taught us that it is not only religion which occupies the profounder region of our mental life; revolutionary myths have their place there equally with religion.7

Was er hier als Ablehnung der Utopie verkleidet, ist eine Ablehnung des synthetischen Aspekts der Theorie, des wissenschaftlichen Sozialismus im Marxismus, und in gewisser Weise auch des Aspekts des Aufbaus in der Revolution.

Die Ablehnung von Synthese im Allgemeinen und wissenschaftlichem Sozialismus im Besonderen gelingt ihm, indem er sich einfach ignorant dazu stellt, und beides mit dem Revisionismus oder dem utopischem Sozialismus gleich setzt. Die Isolation des Moments der Zerstörung vom Moment des Aufbaus in der Revolution gelingt ihm hingegen gar nicht. Weil er die Synthese und den wissenschaftlichen Sozialismus ablehnt, gelangt er zu einer Affirmation der bürgerlichen Gesellschaft, indem er behauptet, man müsse sich keine Gedanken über die Organisierung der Ökonomie machen, das erledige der Kapitalismus. Dieser Depp, der sich für die Revolte im Streik genauso wie für die antisemitische Revolte begeistern kann, dem Lenin genauso gefällt wie Mussolini, weiß so wenig über politische Ökonomie, dass er nicht mal begreift, dass die Revolution dafür da ist, den alten Staat zu zerschlagen, die Diktatur des Proletariats zu errichten, und durch sie die Produktionsverhältnisse umzugestalten.

Sein Lob des revolutionären Mythos funktioniert über die Gleichsetzung mit der Religion in der Abstraktion, dass beides irgendwie mythische Grundlage des Lebens sei. Er abstrahiert völlig vom Klassencharakter der Ideen, und begeistert sich gleichsam für die direkte Apologetik der Klassengesellschaft wie für die direkte Apologetik ihrer Abschaffung.

Das nächste Zitat gibt am meisten Aufschluss darüber, was den Mariateguisten so sehr an Mariategui und Sorel gefällt. Hier kommt Sorel nämlich darauf zu sprechen, welchen ungemeinen Nutzen ein Mythos hat, wenn man auf betriebsame Geschäftigkeit ohne Einsicht in die Notwendigkeit, auf Kadavergehorsam und heilige Unantastbarkeit der eigenen Linie abzielt.

Renan was very surprised to discover that socialists were beyond discouragement: ‘After each abortive experience they begin again; the solution has not been found, we will find it. The idea that no solution exists never occurs to them, and there lies their strength.’ The explanation given by Renan is superficial; it sees socialism as a utopia, as a thing comparable to observed realities; we can hardly understand how confidence can thus survive so many failures. But, by the side of utopias, there have always existed myths capable of leading the workers on to revolt. For a long time these myths were founded on the legends of the Revolution, and they preserved all of their value as long as these legends remained unshaken. Today the confidence of the socialists is much greater than it was in the past, now that the myth of the general strike dominates the true working-class movement in its entirety. No failure proves anything against socialism, as it has become a work of preparation; if it fails, it merely proves that the apprenticeship has been insufficient; they must set to work again with more courage, persistence and confidence than before; the experience of labour has taught the workers that it is by means of patient apprenticeship that one can become a true comrade at work; and it is also the only way of becoming a true revolutionary.8

Der revolutionäre Optimismus, den Renan beschreibt, hat seine Grundlage im historischen Materialismus, insbesondere der Einsicht, dass die Abhängigkeit der Bourgeoisie vom Proletariat absolut, die Abhängigkeit des Proletariats von der Bourgeoisie hingegen relativ ist, die Bourgeoisie also das Proletariat nicht vernichten kann, wohingegen das Proletariat die Bourgeoisie vernichten kann, und es auch wegen dem notwendigen Kampf zwischen den beiden Klassen tun wird.

Der Generalstreik hingegen wurde von der Geschichte als Weg zur Diktatur des Proletariats widerlegt. Wenn es nach Sorel ginge, würde das Proletariat immer noch versuchen mittels des Generalstreiks die Revolution zu vollbringen, und im Mythos verfangen glauben, das Scheitern liege daran, dass man mit zu wenig Enthusiasmus und Courage ans Werk ginge. Genauso wie den Mariateguisten ihr Scheitern als subjektiver Mangel vorkommt, und nicht an ihrer fehlerhaften Linie liegt.

Im folgenden Zitat spricht sich Sorel gegen Theorie und Aufklärungsarbeit aus:

This anarchism was then intellectually entirely bourgeois and it was for this reason that the Guesdists attacked it; they said that their adversaries, while proclaiming themselves the irreconcilable enemies of the past, were themselves the servile pupils of this detestable past; they noted, moreover, that the most eloquent dissertations of revolt could produce nothing and that literature cannot change the course of history. The anarchists replied by showing that their opponents had entered on a road which could not lead to the revolution they had announced; by taking part in political debate, they argued, the socialists will become merely reformers of a more or less radical kind and will lose the sense of their revolutionary formulas. Experience was not slow in showing that the anarchists were right about this, and that, in entering into bourgeois institutions, revolutionaries have been transformed by adopting the spirit of these institutions: all the parliamentary deputies agree that there is very little difference between a representative of the bourgeoisie and a representative of the proletariat.9

Die Ablehnung der Theorie gelingt ihm über die Gleichsetzung von Theorie und Revisionismus, und die Ablehnung jeglicher Diskussion und Aufklärung des Proletariats durch die Gleichsetzung dessen mit der Agitation und Propaganda des Revisionismus.

Im letzten Zitat wiederholt er nochmal die Trennung von Theorie und Praxis, lobt die Spontaneität, und trennt Aufbau und Zerstörung erneut voneinander:

The anarchist writers who remained faithful to their former revolutionary literature do not seem to have looked with much favour upon the passage of their friends into the syndicats; their attitude proves that the anarchists who became syndicalists showed real originality and that they did not apply theories which had been fabricated in philosophical coteries. Above all, they taught the workers that they need not be ashamed of acts of violence. Up to that point it had been usual in the socialist world to attenuate or to excuse the violence of strikers; the new members of the syndicats regarded these acts of violence as normal manifestations of the struggle and, as a result, the tendencies pushing them towards trade unionism were abandoned. It was their revolutionary temperament which led them to this conception of violence; it would be a gross error to suppose that these former anarchists carried over into the workers’ associations any of the ideas associated with propaganda by the deed.10

Der Entschluss zur syndikalistischen Praxis entspringt der Originialität der Syndikalisten und nicht aus einer Theorie. Man fragt sich, warum er eigentlich theoretische Arbeit macht. Dann behauptet er, das „revolutionäre Temperament“ der Arbeiter, also ihr gefühlsduselig verklärtes, spontanes Bewusstsein hätte sie zu diesem „Konzept der Gewalt“ gebracht, und es sei nicht von außen in die Klasse herein getragen worden. Daraus folgt die Ablehnung der Partei.

Alles in allem haben wir hier eine Verherrlichung der Spontaneität, eine opportunistische Ineinssetzung von bürgerlicher und proletarischer Ideologie, eine Ablehnung der Dialektik von Praxis und Theorie, eine Ablehnung der Analyse und auch der Synthese, eine Ablehnung des Aspekts des Aufbaus in der Revolution, den Versuch eine falsche Militärtheorie (den Generalstreik) als Heiligtum zu setzen, indem man alle Probleme der Subjektivität der Revolutionäre anlastet; und die Behauptung der Fortsetzer von Marx zu sein. Kurzum: Den Syndikalismus als Revisionismus.

b) Die Sorel-Rezeption von Mariategui

Wie eingangs erwähnt, hält Mariategui Sorel für einen großen Denker, während Lenin ihn für einen Wirrkopf hält. Im folgenden Abschnitt soll es darum gehen, was Mariategui an Sorel so gut findet. Im Bewusstsein unserer schlechten Spanischkenntnisse haben wir die Originalzitate mit eingefügt, damit bei Fehlern unsererseits nicht der Eindruck entsteht, wir wollten die Leser täuschen.

Hace algún tiempo que se constata el carácter religioso, místico, metafísico del socialismo. Jorge Sorel, uno de los más altos representantes del pensamiento francés del Siglo XX; decía en sus Reflexiones sobre la Violencia; „Se ha encontrado una analogía entre la religión y el socialismo revolucionario, que se propone la preparación y aún la reconstrucción del individuo para una obra gigantesca. Pero Bergson nos ha enseñado que no sólo la religión puede ocupar la región del yo profundo; los mitos revolucionarios pueden también ocuparla con el mismo título“. Renán, como el mismo Sorel lo recuerda, advertía la fe religiosa de los socialistas, constatando su inexpugnabilidad a todo desaliento. „A cada experiencia frustrada, recomienzan. No han encontrado la solución: la encontrarán. Jamás los asalta la idea de que la solución no exista. He ahí su fuerza“.11

Eigene Übersetzung:

Der religiöse, mystische und metaphysische Charakter des Sozialismus ist seit langem bekannt. Georges Sorel, einer der höchsten Vertreter des französischen Denkens des 20. Jahrhunderts, sagte in seinen Reflexionen über die Gewalt: „Man hat eine Analogie zwischen der Religion und dem revolutionären Sozialismus gefunden, der die Vorbereitung und sogar den Wiederaufbau des Individuums für ein gigantisches Werk vorschlägt. Aber Bergson hat uns gelehrt, dass nicht nur die Religion den Bereich des tiefen Selbst besetzen kann; auch revolutionäre Mythen können ihn mit demselben Titel besetzen“. Renan hat, wie Sorel selbst sagt, vor dem religiösen Glauben der Sozialisten gewarnt und darauf hingewiesen, dass sie sich von keiner Entmutigung beeindrucken lassen. „Bei jeder frustrierenden Erfahrung fangen sie von vorne an. Sie haben die Lösung noch nicht gefunden: Sie werden sie finden. Sie werden nie mit dem Gedanken konfrontiert, dass es die Lösung nicht gibt. Das ist ihre Stärke.

Wir haben hier vor allem eine Zustimmung zu den Fehlern Sorels, die oben hinreichend kritisiert wurden. Mariategui erfreut sich an den wirren Zitaten Sorels, weil er Sorels Bedürfnis teilt die Massen für die Revolution zu begeistern ohne ihnen etwas erklären zu müssen. Dieses Bedürfnis rührt daher, dass er auch nicht glaubt, dass man den Massen den Marxismus erklären könne. Diese Verachtung für die Massen führt er im folgenden Zitat aus:

Pirandello, relativista, ofrece el ejemplo adhiriéndose al fascismo. El fascismo seduce a Pirandello porque mientras la democracia se ha vuelto escéptica y nihilista, el fascismo representa una fe religiosa, fanática, en la jerarquía y la Nación. (Pirandello que es un pequeño-burgués siciliano, carece de aptitud psicológica para comprender y seguir el mito revolucionario). El literato de exasperado escepticismo no ama en política la duda. Prefiere la afirmación violenta, categórica, apasionada, brutal. La muchedumbre, más aún que el filósofo escéptico, más aún que el filósofo relativista, no puede prescindir de un mito, no puede prescindir de una fe. No le es posible distinguir sutilmente su verdad de la verdad pretérita o futura. Para ella no existe sino la verdad. Verdad absoluta, única, eterna. Y, conforme a esta verdad, su lucha es, realmente, una lucha final.

El impulso vital del hombre responde a todas las interrogaciones de la vida antes que la investigación filosófica. El hombre iletrado no se preocupa de la relatividad de su mito. No le sería dable siquiera comprenderla. Pero generalmente encuentra, mejor que el literato y que el filósofo, su propio camino. Puesto que debe actuar, actúa. Puesto que debe creer, cree. Puesto que debe combatir, combate. Nada sabe de la relativa insignificancia de su esfuerzo en el tiempo y en el espacio. Su instinto lo desvía de la duda estéril. No ambiciona más que lo que puede y debe ambicionar todo hombre: cumplir bien su jornada.12

Eigene Übersetzung:

Pirandello, ein Relativist, bringt das Beispiel des Festhaltens am Faschismus. Der Faschismus verführt Pirandello, denn während die Demokratie skeptisch und nihilistisch geworden ist, steht der Faschismus für einen religiösen, fanatischen Glauben an die Hierarchie und die Nation (Pirandello, ein sizilianischer Kleinbürger, hat nicht die psychologische Eignung, den revolutionären Mythos zu verstehen und ihm zu folgen). Der Literat mit seiner verzweifelten Skepsis liebt den Zweifel in der Politik nicht. Er bevorzugt gewaltsame, kategorische, leidenschaftliche und brutale Behauptungen. Mehr noch als der skeptische Philosoph, mehr noch als der relativistische Philosoph kann die Menge nicht ohne einen Mythos, nicht ohne einen Glauben auskommen. Es ist ihm nicht möglich, seine Wahrheit subtil von der vergangenen oder zukünftigen Wahrheit zu unterscheiden. Für sie gibt es nur die Wahrheit. Absolute, einzigartige, ewige Wahrheit. Und in Übereinstimmung mit dieser Wahrheit ist ihr Kampf wirklich ein letzter Kampf.

Der Lebensimpuls des Menschen beantwortet alle Fragen des Lebens vor der philosophischen Forschung. Der ungebildete Mensch kümmert sich nicht um die Relativität seines Mythos. Es wäre ihm nicht einmal möglich, sie zu verstehen. Aber er findet seinen eigenen Weg im Allgemeinen besser als der Literat oder der Philosoph. Wenn er handeln muss, handelt er. Wenn er glauben muss, glaubt er. Wenn er kämpfen muss, kämpft er. Er weiß nichts von der relativen Unbedeutsamkeit seiner Bemühungen in Zeit und Raum. Sein Instinkt lenkt ihn vom sterilen Zweifel ab. Sein Ehrgeiz ist nur das, was jeder Mensch sein kann und sein sollte: seinen Tag gut zu bewältigen.

Bevor auf den Inhalt eingegangen wird, sollte man der Form einige Aufmerksamkeit spenden. Mariategui benutzt hier den Schreibstil der Irrationalisten, wie man ihn vorhin schon bei Sorel bemerken konnte, und wie man ihn vielleicht von Friedrich Nietzsche oder Ernst Jünger kennt. Diese Art zu schreiben zielt nicht auf Verständnis ab, sondern auf eine diffuse Ahnung, sie klärt nicht auf, sondern sie benebelt; sie will Eindruck schinden mit bedeutungsschwangerem Geschwätz.

Zuerst führt Mariategui ein Beispiel eines verzweifelten Kleinbürgers an, der im Faschismus die Erlösung von seiner Verzweiflung findet. Daran ist inhaltlich nichts zu bemängeln. Die Kleinbürger, die auf der Seite der Bourgeoisie stehen bleiben wollen, verzweifeln regelmäßig ob der Sinnlosigkeit ihrer dekadenten Existenz und finden in der direkten Apologetik des Faschismus eine philosophische, weltanschauliche und daher auch emotionale Erlösung. Lukacs hat dazu alles nötige besser gesagt als Mariategui.

Von diesem richtigen Punkt macht Mariategui einen Übergang zum mythischen Bedürfnis der Massen. Das Bedürfnis der Massen nach Mythos und Glauben wird erst mal behauptet, nicht nur als gegeben, sondern auch noch als größer als beim Kleinbürgertum. Diese Behauptung wird dann begründet mit der wiederum behaupteten, mangelnden Fähigkeit der Massen die Relativität der Wahrheit zu begreifen. Es ist ein wiederkehrendes Moment, dass Intellektuelle ihre Unfähigkeit den Marxismus zu erklären, den Massen anlasten, indem sie behaupten, die Massen wären zu dumm, um zu verstehen. Das ist allerdings nicht die Massenlinie des Marxismus, sondern kleinbürgerliche Verachtung für die Massen.

Nebenbei macht Mariategui noch einen sehr wichtigen Punkt: „Der Lebensimpuls des Menschen beantwortet alle Fragen des Lebens vor der philosophischen Forschung.“ Aufgrund des Hin und Her zwischen den Sprachen ist uns unklar, ob hier der bergsonsche elan vital, die bergsonsche Intuition, oder etwas anderes gemeint ist. Relativ klar ist aber, dass dies eine Wiederholung der sorelschen Geringschätzung der revolutionären Theorie und eine Verherrlichung der Spontaneität ist.

Am Schluss wird nochmal ein Anschein von Vernunft erzeugt, indem scheinbare Schlüsse aneinander gereiht werden: „Wenn er glauben muss, glaubt er. Wenn er kämpfen muss, kämpft er.“ Ja, das wird wohl so sein. Es tut bloß nichts zur Sache. Denn es soll ja gerade ein metaphysisches Bedürfnis der Massen nach einem Mythos bewiesen werden – wird es aber nicht. Wenn man glauben m u s s, dann wird man wohl glauben. Wenn man kämpfen m u s s, dann wird man wohl kämpfen. Da ist argumentativ überhaupt nichts passiert außer heiße Luft.

Zum letzten Satz sei bemerkt, dass es eine Katastrophe für die Revolution in den imperialistischen Ländern wäre, wenn die Massen hier bloß „ihren Tag gut bewältigen“ wollten. Wenn sie sonst nichts interessiert, dann wird es hier auf längere Sicht einen stabilen, relativen sozialen Frieden geben. Zum Glück wollen die Massen ein bisschen mehr als das.

Im nächsten Zitat findet eine Gleichsetzung von Faschismus und Kommunismus als kämpfender Bewegung statt.

Los revolucionarios, como los fascistas, se proponen por su parte, vivir peligrosamente. En los revolucionarios, como en los fascistas, se advierte análogo impulso romántico, análogo humor quijotesco.

La nueva humanidad, en sus dos expresiones antitéticas, acusa una nueva intuición de la vida. Esta intuición de la vida no asoma, exclusivamente, en la prosa beligerante de los políticos. En unas divagaciones de Luis Bello encuentro esta frase: „“Conviene corregir a Descartes: combato, luego existo“. La corrección resulta, en verdad, oportuna. La fórmula filosófica de una edad racionalista tenía que ser: „Pienso, luego existo“. Pero a esta edad romántica, revolucionaria y quijotesca, no le sirve ya la misma fórmula. La vida, más que pensamiento, quiere ser hoy acción, esto es combate. El hombre contemporáneo tiene necesidad de fe. Y la única fe, que puede ocupar su yo profundo, es una fe combativa. No volverán, quién sabe hasta cuando, los tiempos de vivir con dulzura. La dulce vida pre-bélica no generó sino escepticismo y nihilismo. Y de la crisis de este escepticismo y de este nihilismo, nace la ruda, la fuerte, la perentoria necesidad de una fe y de un mito que mueva a los hombres a vivir peligrosamente.13

Eigene Übersetzung:

Die Revolutionäre wollen, wie die Faschisten, gefährlich leben. Bei den Revolutionären wie bei den Faschisten gibt es einen ähnlichen romantischen Impuls, einen ähnlichen quijotischen Humor.

Die neue Menschheit zeigt in ihren beiden gegensätzlichen Ausprägungen eine neue Intuition des Lebens. Diese Intuition des Lebens erscheint nicht nur in der kriegerischen Prosa der Politiker. In einigen Äußerungen von Luis Bello finde ich diesen Satz: „Es ist bequem, Descartes zu korrigieren: Ich kämpfe, also bin ich“. Die Korrektur kommt in der Tat zur rechten Zeit. Die philosophische Formel eines rationalistischen Zeitalters hätte lauten müssen: „Ich denke, also bin ich“. Aber in diesem romantischen, revolutionären und quijotischen Zeitalter ist die gleiche Formel nicht mehr nützlich. Das Leben, mehr als das Denken, will heute Aktion sein, das heißt Kampf. Der heutige Mensch braucht den Glauben. Und der einzige Glaube, der sein tiefstes Selbst beschäftigen kann, ist ein kämpferischer Glaube. Die Zeiten des sanften Lebens werden nicht wiederkehren, wer weiß, wie lange noch. Das süße Vorkriegsleben brachte nichts als Skepsis und Nihilismus hervor. Und aus der Krise dieses Skeptizismus und dieses Nihilismus entsteht das harte, das starke, das zwingende Bedürfnis nach einem Glauben und einem Mythos, der die Menschen dazu bringt, gefährlich zu leben.

In der Abstraktion, dass eine gesellschaftliche Krise eine andere Form der Weltanschauung und dementsprechend auch des Lebensgefühls hervorbringt als es ein stabiler, relativer sozialer Friede tut, ist das korrekt. Es ist auch korrekt, dass der Faschismus als direkte Apologetik des Imperialismus, als „konservative Revolution“, auf einen Enthusiasmus, eine Leidenschaft abzielt, der formell Ähnlichkeiten mit dem revolutionären Enthusiasmus der Arbeiterbewegung hat. Mariategui geht hier den Weg Sorels zum totalen Opportunismus nicht zu Ende, es mangelt ihm an Konsequenz, aber er tut den ersten Schritt, indem er vom Klassencharakter dieses Enthusiasmus, vom Inhalt, abstrahiert, und bloß die entleerte Form, in Absehung auch aller formellen Unterschiede, stehen lässt. Die Wahrheit ist immer konkret, und das ist so abstrakt, dass es unwahr wird.

Mariategui schwatzt hier so abstrakt daher, dass darin die brennenden Häuser von Juden während eines Pogroms, und brennende Barrikaden während eines Streiks das Gleiche sind: Ausdruck des Bedürfnis der Beteiligten gefährlich zu leben.

Man muss sich klar machen, dass auch Mariategui widersprüchlich war, rechte und linke Standpunkte hatte, und sich auf seinem Weg zum Marxismus vom Denken des fin de siecle lösen musste. Eine Annahme aller seiner Standpunkte ohne inhaltliche Prüfung führt nicht zum Marxismus, sondern zu Eklektizismus.

c) Die Mariategui-Rezeption der Redaktion Klassenstandpunkt

Die Redaktion Klassenstandpunkt hat die Standpunkte Mariateguis zu Sorel unkritisch übernommen, und daher einen solchen Eklektizismus hervorgebracht. Wir wollen diesen Eklektizismus Mariateguismus nennen, weil sie einen Fehler Mariateguis zum System von Standpunkten ausgebaut haben.

Die autoritäre Legitimation hierfür bietet ihnen die Partido Communista del Peru, deren zahlreiche Verdienste um die proletarische Weltrevolution unter anderem in der Einleitung des Volkskrieges in Peru und einer linken Position im Zweilinienkampf in der Internationalen Kommunistischen Bewegung in Bezug auf den Maoismus im Allgemeinen und die Universalität des Volkskrieges im Besonderen bestehen. Dennoch hat auch die PCP Fehler gemacht. Unter anderem ihre Position zum Mythos Sorels. Die Zitate, die sich darauf beziehen, präsentieren wir hier im Original und in der besten englischen Übersetzung, die wir kennen:

Finalmente, hablando de los hombres considera que son lo más preciado que hay sobre la tierra y lo principal en todo proceso económico, y que agrupados en multitudes, en masas, son la gran fuerza de la historia; y que, las masas concretadas en clase obrera se movilizan hacia una meta, hacia un mito moderno, en sus propias palabras: „el proletariado tiene un mito: la revolución social. Hacia ese mito se mueve con una fe vehemente y activa“.14

Finally, speaking of human beings, whom he considers as the most valuable thing on Earth and the main thing in every economic process, and when grouped in multitudes, in masses, are the great force of history; and that the masses reflected in the working class, are mobilized towards a goal, towards a modern myth, in his own words: „The proletariat has a myth: social revolution. Towards that myth it moves with a warm and active faith.“15

A lo largo de todo lo expuesto vemos que en el fondo de todos estos planteamientos hay una posición, una línea de masas, cuestión básica del pensamiento de Mariátegui, pero que sin embargo es muy poco conocida. Basta resaltar, aquí, que Mariátegui considera que la presencia de las masas llena la época contemporánea, que las muchedumbres, como él dice, son protagonistas de la escena actual; que las inmensas mayorías cuajadas como clase obrera tienen un mito, una meta, la revolución social, meta que el proletariado enarbola y a la cual marcha con „una fe vehemente y activa“, contrastando con el escepticismo y la decadencia burguesas. Que las masas combaten por „la lucha final“ seguras de su triunfo y dice: „La frase del canto de Eugenio Pottier (La Internacional) adquiere un relieve histórico „¡Es la lucha final!“. El proletariado ruso saluda la revolución con este grito ecuménico del proletariado mundial. Grito multitudinario de combate y de esperanza que yo he oído en las calles de Roma, de Milán, de Berlín, de París, de Viena y de Lima. Toda la emoción de una época está en él. Las muchedumbres revolucionarias creen librar la lucha final.16

Along with all that has been exposed we see how at the bottom of all these proposals there is a position, the mass line, a basic question in Mariátegui’s thought, which is little known. It suffices to highlight here that Mariátegui considers that the presence of the masses fills contemporary times, that the multitudes, as he says, are the main actors today. The working class have a myth, a goal–social revolution, a goal which the proletariat upholds and marches towards, with „an active and vehement faith“, in contrast to the bourgeois skepticism and decadence. The masses fight for „the final struggle“ sure of their victory and he says: „The sentence in Eugene Portier’s song (The Internationale) acquires historical relief: ‚It’s the final struggle!‘ The Russian proletariat greets this ecumenical cry of the world proletariat. The war cry and hope by the multitudes, already heard in the streets of Rome, of Milan, of Berlin, of Paris, of Vienna and of Lima. All the emotion of an era is with them. The revolutionary multitudes believe they are waging the final struggle.17

Dies ist eine Bestätigung der Sorel-Rezeption Mariateguis, also die gleiche opportunistische Vermengung der Philosophie des Marxismus mit bürgerlichem Irrationalismus. Anzumerken ist weiterhin, dass das zweite Zitat der erste Absatz des Abschnitts „Massenlinie“ im Dokument ist. Interessant ist, dass sie den Mythos Sorels vom Generalstreik in die soziale Revolution verwandelt haben. Die Frage ist nur, wenn dass das reale Bewusstsein der Massen wäre, warum schlägt es nicht um in materielle Gewalt, warum gibt es die Revolution nicht schön längst?

Wir können nicht beurteilen wie sehr dieser philosophische Fehler in Peru genauso systematisch durchgezogen wurde wie in Deutschland. In Anbetracht des unterschiedlichen äußeren Widerspruchs der Partei in einem halbfeudalen und halbkolonialen Land kam er sicherlich anders zum Tragen. Denn die bäuerlichen und proletarischen Massen in einem halbfeudalen und halbkolonialen Land, die teilweise erst bei der Partei Lesen und Schreiben gelernt haben, wurden nicht so systematisch in bürgerlicher Weltanschauung geschult wie deutsche Arbeiter und vor allem Kleinbürger und sie haben auch mehr und gewichtigere Gründe zu kämpfen, weil sie in einer Gesellschaft mit zugespitzteren Widersprüchen leben. Es gibt in Deutschland Kassierinnen, die ein Auto besitzen, in einer beheizten Wohnung mit fließendem Wasser wohnen, und in ihrer Freizeit reaktionäre Literatur lesen. Die müssen nicht kämpfen. Da reicht kein Mythos.

Wir bestreiten nicht, dass man viel von der PCP lernen kann, aber diesen Fehler sollte man nicht übernehmen. Die Redaktion Klassenstandpunkt verleibt diesen Fehler dem Marxismus ein, und erzeugt ihren mariateguistischen Eklektizismus, durch den Gedanken des Systems, der bei ihnen zum Dogma verkommt. Sie behaupten, die PCP sei eine marxistische Partei, daher sei alles, was die PCP veröffentlicht hat, marxistisch, also sei auch dieser Gedanke marxistisch. So haben sie ein dogmatisches Autoritätsargument geschaffen, dass ihnen den konkreten inhaltlichen Nachweis, dass dieser Mythos marxistisch sei, erspart. Der Gedanke des Systems herunter gekommen auf eine dogmatische Floskel gerät zur Rechtfertigung des Eklektizismus.

Nieder geschrieben hat die Redaktion Klassenstandpunkt ihre Rezeption von Mariateguis Ausführungen zum sorelschen Mythos im Artikel „Anmerkungen zum Studium einiger Schriften Mariateguis“ im der sechsten Ausgabe der Zeitschrift Klassenstandpunkt18. Dieser dient im folgenden hauptsächlich als Beleg.

Richtigerweise verstehen die Mariateguisten Ideologie als Klassenstandpunkt, Weltanschauung und Methode. Allerdings lösen sie das dialektische Verhältnis zwischen Klassenstandpunkt und Weltanschauung einseitig zum Standpunkt hin auf, weil sie von der Vernunft nichts wissen wollen.

Das objektive Verhältnis von Klassenstandpunkt und Weltanschauung ist dialektisch, insofern die Weltanschauung aus dem Klassenstandpunkt, den man einnimmt folgt, und ihn gleichsam begründet. Die Einnahme des Standpunkts des Proletariats besteht in der Bereitschaft zu allen Notwendigkeiten der proletarischen Revolution und der Unterordnung des eigenen Individuums unter die proletarische Revolution. Auf Grundlage dieser Entscheidung, dieses Willens werden die theoretischen Wahrheiten des Marxismus akzeptiert, gegen die sich kleinbürgerliche Individualisten so albern wehren. Gleichzeitig ist die Einnahme dieses Standpunkts theoretisch begründet. Der Entschluss zu den Notwendigkeiten der Revolution beruht auf der Einsicht in diese. Wer nicht verstanden hat, dass er einer Klasse angehört, die ausgebeutet und unterdrückt wird, dass sie sich durch die Eroberung der Macht befreien muss, und dass der Weg dorthin der Volkskrieg ist, wird sich auch nicht dazu bereit erklären, dafür mit dem alten Leben zu brechen, sein Leben in den Fingerspitzen zu tragen, und sein ganzes Leben der Revolution zu widmen.

Wenn man das dialektische Verhältnis von Klassenstandpunkt und Weltanschauung durchstreicht, dann setzt man den Klassenstandpunkt als Unmittelbares, sodass beim Abweichen von der Linie bloß ein falscher Klassenstandpunkt und kleinbürgerlicher Individualismus vorliege. So wird die eigene Linie zum proletarischen Heiligtum, zum mythischen Glauben, und jede Abweichung zum kleinbürgerlichen Individualismus und Intellektualismus, der keiner Widerlegung bedarf.

Der Zweilinienkampf wird zur ritualisierten Wiederholung des immergleichen Vorwurfs, dass alle theoretischen Abweichungen von der vorgegebenen Linie, alle Probleme am kleinbürgerlichen Individualismus liegen. Jeder besondere Widerspruch wird in diesem allgemeinen Urteil ersoffen, sodass immer dabei heraus kommt, dass die Linie auf jeden Fall nicht das Problem war.

Der Vorwurf des kleinbürgerlichen Individualismus erspart einem jede besondere Auseinandersetzung mit den konkreten Fehlern und jede Analyse der konkreten Wirklichkeit durch die Wiederholung des moralischen Vorwurfs, dass die fraglichen Personen nicht dem Ideal, das aus den drei ständig zu lesenden Schriften entnommen wird, entsprechen. An der Wirklichkeit wird nichts fest gehalten, außer der negativen Bestimmung, dass sie nicht dem Sollen entspricht, welches man ihr entgegen hält. Das dazu passende Gefühl ist die Empörung, und die dazu passende Form ist die Standpauke. Die Genossen wissen dann zwar nicht, was sie wie besser machen könnten, weil an ihren Fehlern nichts korrigiert wurde, aber sie geloben Besserung. Dabei erzeugt man zwar keine bewusste Disziplin, die auf dem Verständnis des Marxismus, der Einsicht in die Notwendigkeiten der Revolution beruht, aber man bekommt durch dieses Ritual in Kombination mit dem preußischen Untertanengeist der deutschen Genossen einen Kadavergehorsam, der den Laden am Laufen hält.

Wenn der dialektische Zusammenhang von Klassenstandpunkt und Weltanschauung geleugnet wird, adressiert man auch nicht die Vernunft der Massen. Die Vernunft wird verpönt, stattdessen glorifiziert man den unmittelbaren Standpunkt, die unmittelbare Erfahrung, den Mythos und den Glauben. Das geht dann so:

Wenn du auf einer Demonstration da stehst und dir die Schläge der Bullen abholst, dann machst du auf eine sehr kleine und sehr bescheidene Art und Weise ein Martyrium. Du weißt, dass du ‚gekreuzigt‘ wirst, aber du gehst da hin, weil du glaubst. Sonst gehst du da nicht hin. Die Anerkennung davon drückt sich auch darin aus, wenn die Leute dann sagen, ‚diese Typen sind verrückt‘. Das Leben zu geben und Prügel zu bekommen ist was anderes, aber die Idee, die Grundeinstellung ist das Gleiche. Du stehst nicht da vorne und sagst dir ‚Hurra! Die [sic!] Profitquote fällt!‘ Nein, die Wissenschaft reicht nicht. Es ist Wissenschaft und ja, die Profitquote fällt, das ist wahr, aber das ist nicht das, was dich dazu bringt das zu tun. Es ist der Glaube, die Überzeugung. Es ist die Wahrheit, für die ich hier stehe. Ihr seit der Feind, wir sind die Guten und das ist auch gut so.“

Anmerkungen zum Studium einiger Schriften Mariateguis in: Klassenstandpunkt Nummer 6, S. 36. (Alle Fehler im Original).

Das Argument ist ein sophistischer Taschenspielertrick. Die Leute, an die sich der Text wendet, haben keine Ahnung vom tendenziellen Fall der Profitrate, folglich wird dieser auch nicht der Grund für irgendeine Handlung dieser Leute sein. Mit Sicherheit kann man sagen, dass keiner von ihnen auf einer Demo Prügel bezieht, und sich dabei denkt „Hurra! Die Profitrate fällt!“, dahingestellt, ob das historisch gerade zutrifft oder nicht. Das weiß der Autor auch. Gerade deshalb nimmt er Ausführungen aus dem dritten Band des Kapitals als Beispiel. Ihm ist die völlige Unkenntnis seines Publikums betreffend dieser Stellen bekannt, und er nutzt sie, um an diesem offensichtlich absurden Beispiel den Punkt zu machen, die Wissenschaft des Marxismus sei nicht der Grund für die kämpferischen Handlungen der Genossen.

Es kann ja auch sein, dass die kämpferischen Handlungen der Mariateguisten tatsächlich nichts mit dem Marxismus zu tun haben. Dann rekonstituieren sie aber auch nicht die KPD auf Grundlage der höchsten Stufe des Marxismus, sondern machen irgendwas anderes. Die Entschlossenheit eines Kommunisten jedenfalls, beruht auf seiner marxistischen Weltanschauung, seinem Klassenbewusstsein, seiner Liebe zu seiner Klasse, auf seiner Einsicht in die Notwendigkeit der Revolution, und auf seiner historisch-materialistischen Gewissheit, dass der Feind nicht siegen kann, weil er das Proletariat nicht vernichten kann, aber das Proletariat die Bourgeoisie vernichten kann, rebellieren muss, und daher auch siegen wird. Er ist optimistisch, weil er ein begründetes Vertrauen in die Massen hat. Das ist Wissenschaft. Dafür riskieren wir unsere körperliche Unversehrtheit, unsere Freiheit und unser Leben. Dafür stehen wir jeden Tag auf, und machen das, was notwendig ist.

Wenn man ein bisschen weiter liest, könnte man meinen, dass der Autor noch die Kurve kriegt. Denn da steht dann:

Der Marxismus ist eine wissenschaftliche Ideologie, d.h. dieser Glaube, diese Überzeugung, die die Revolutionäre haben, entspringt der materiellen Grundlage. Das ist der Unterschied zum Idealismus. Unsere Ideologie basiert auf materialistischer Dialektik und historischem Materialismus. Was aber verstanden werden muss, ist, dass es einen Unterschied gibt zwischen dem Verständnis der Theorie und der Verwandlung zu materieller Kraft. Die materielle Grundlage macht den Unterschied zur Religion. Der Glaube der Revolutionäre entspricht der Wahrheit der Realität des Klassenkampfes der heutigen Gesellschaft. Es ist ein sozusagen ein wissenschaftlicher Glaube. Aber Wissenschaft ist nicht genug. Ein Mensch kann alle Bücher von Marx auswendig gelernt haben, ohne Marxist zu sein. Es kann sogar jemand von der Korrektheit all dessen überzeugt sein ohne einen Finger zu rühren. Wie viele von den Leuten, die früher gekämpft haben, sind bis heute überzeugt, dass der Marxismus richtig ist? Viele! Aber sie denken die Schlacht ist verloren. Sie reden davon, dass sie jung waren und an den Sieg glaubten. Nicht der Marxismus, sondern diese Leute sind es, die alt geworden sind. Sie haben den Marxismus nicht verkörpert.

Anmerkungen zum Studium einiger Schriften Mariateguis in: Klassenstandpunkt Nummer 6, S. 37

Es wird ein Marxist konstruiert, der weiß, dass der Marxismus richtig ist, daraus aber nichts folgen lassen will. So jemand muss dann ziemlich brutal und offen sagen, dass er zwar weiß, dass die proletarische Revolution zur Aufhebung der Widersprüche der bürgerlichen Gesellschaft, zur Abschaffung des Hungers trotz eines Überflusses an Essen, des wachsenden Elends trotz wachsender Produktivkräfte, der Krise wegen der Überproduktion, notwendig ist, und, dass er auch weiß, dass die Revolution möglich ist, ja sogar, dass sie notwendig siegreich sein wird, er aber nichts damit zu schaffen haben will, weil er darauf spekuliert, dass er individuell bequemer leben kann, wenn er es sich so gut es eben geht, trotz der eskalierenden Widersprüche der bürgerlichen Gesellschaft, in ihr einrichtet. So etwas gibt es, aber es ist doch eher selten. So jemand entscheidet sich trotz seiner wissenschaftlichen Erkenntnis dazu, dass er sich selbst für wichtiger hält als das Proletariat und die Völker der Welt. Das ist dann tatsächlich ein Problem des Klassenstandpunktes, aber nicht des Glaubens. Der Mensch hat die Willkür sich selbst für das Wichtigste zu halten.

Die meisten Leute, die sich trotz der Einsicht in den Marxismus von der Revolution abwenden, tun dies in einer Weise, die sie morgens noch in den Spiegel gucken lässt, nämlich mit einer weltanschaulichen Rechtfertigung, mit einer Revision des Marxismus. Sie rechtfertigen ihre mangelnde Bereitschaft zu den Notwendigkeiten der Revolution, indem sie diese bestreiten. Man glaubt nicht einfach nicht an die Revolution. Es ist so, wie der Verfasser selbst zugibt, man d e n k t, die Schlacht sei verloren. Entweder weil man denkt, dass die Massen zu blöd oder zu verblendet (Adorno) oder sonstwas wären, um zu gewinnen , oder weil man denkt, der Feind sei zu stark (Chruschtschow), um besiegt zu werden, oder weil man denkt, dass die Freiheit des Willens den ewigen Entschluss der Massen gegen die Revolution zuließe (linke Hegelei) oder sonst eine metaphysische oder idealistische Schrulle. Aber ohne Denken gibt es keinen Willen.19

Doch für das Denken interessieren sich die Mariateguisten nicht. Der Zusammenhang von Kapitulation und Revisionismus wird geleugnet, und stattdessen wird das Problem in mangelnder „Verkörperung“ gesehen. Damit wird dann auch klar gestellt, dass es mit der Wissenschaftlichkeit des Glaubens nicht weit her ist, und die Einleitung des Absatzes schlicht gelogen ist. Denn die Verkörperung ist nun etwas Mystisches, was absolut vom Denken ist. Oder anders ausgedrückt: Fake it, till you make it!

Wenn dann Glaube und Mythos herhalten sollen, um das Vertrauen der Massen in die Vorhut zu stiften, das gemäß Stalins Definition der Partei aus den Grundlagen des Leninismus notwendig ist, dann müssen Glaube und Mythos ja irgendwo herkommen. Die Stiftung dieses Glaubens und dieses Mythos wird versucht, indem man eine pathetische Art des Schreibens kultiviert, die in der Geschichte der Arbeiterbewegung jenseits der Kommunistischen Partei Perus kein Beispiel kennt, die Erfolge ins Absurde überzeichnet, und regelmäßig unfreiwillig sich selbst karikiert, und durch die Forderung die Ideologie zu „verkörpern“.

Die Verkörperung stellen sie sich wie folgt vor:

Wenn die Ideologie von uns verkörpert wird, wird sie durch uns zu einer materiellen Kraft. Das bedeutet die Aufgabe für jeden Einzelnen ist es, den Maoismus zu verkörpern und dafür Sorge zu tragen, dass er sich in anderen Genossen und in den Massen verkörpert. Das Problem hierbei ist nicht die formale Anerkennung und auch nicht das Verständnis, als formale Erkenntnis, dass diese Ideologie angewendet werden muss, sondern eben die VERKÖRPERUNG, genauer wie wir in uns die Ideologie des Proletariats verkörpern und wie wir die Kraft der Ideologie verstehen.“

Anmerkungen zum Studium einiger Schriften Mariateguis in: Klassenstandpunkt Nummer 6, S. 31.

Dieses Zitat spielt auf Marx‘ Satz aus der Einleitung in die Kritik der Hegelschen Rechtsphilosophie an, der im KSP-Artikel zuvor unvollständig zitiert wird, und hier vollständig zitiert werden soll:

Die Waffe der Kritik kann allerdings die Kritik der Waffen nicht ersetzen, die materielle Gewalt muß gestürzt werden durch materielle Gewalt, allein auch die Theorie wird zur materiellen Gewalt, sobald sie die Massen ergreift.“

Marx, Karl: Kritik der Hegelschen Rechtsphilosophie, in: MEW 1, S. 378-391, hier S. 385

Dies ist eine Konkretisierung der Dialektik von Sein und Bewusstsein in Bezug auf die Revolution. In der Revolution wird das Bewusstsein die hauptsächliche Seite des Widerspruchs, weil das Bewusstsein der Massen durch ihre kollektive Tat zur materiellen Gewalt, ganz wörtlich im Sinne von kollektiv ausgeführter Waffengewalt, wird, und als Revolution die Verhältnisse, die die Grundlage des Bewusstseins bilden, umstürzt. Was hat das mit Verkörperung zu tun? Eigentlich gar nichts, außer das beides irgendwie mit Sein und Bewusstsein zu tun hat.

Der Verweis auf den Satz von Marx trägt inhaltlich überhaupt nichts zur Sache bei, sondern dient bloß als autoritäre Augenwischerei, die dem eigenen Gedanken höhere Weihen geben soll, die er aber gar nicht hat. Auch ohne diese höheren Weihen wollen wir den Gedanken aber ernst nehmen. Wohlwollend könnte man es so interpretieren: Wenn jemand Marxist-Leninist-Maoist ist, und aus der Einsicht in die Notwendigkeit der Revolution den Entschluss fasst, mit dem alten Leben zu brechen, sein Leben in den Fingerspitzen zu tragen, und sein ganzes Leben der proletarischen Revolution zu widmen, dann sollte daraus auch eine entsprechende Form des Verhaltens folgen. Ein Kommunist sollte sich der Ernsthaftigkeit seines Entschlusses bewusst sein, und das sollte man auch merken. Ein Kommunist sollte sich seiner Verantwortung für das Leben anderer Leute bewusst sein, und das sollte man auch merken. Er sollte auf Grundlage seines Verständnisses der Welt eine gewisse Souveränität im Handeln haben, und das sollte man auch merken. Kurz: Er sollte ausstrahlen, dass er Kommunist ist, und somit über das Verständnis, das die Massen vom Marxismus haben, hinaus Vertrauen stiften. Das ist übrigens der Platz, den der Glaube tatsächlich hat. Nicht als Ersatz vom Wissen, sondern als sein Komplement.

So ist es leider nicht gemeint.

In dem zitierten Absatz steht, dass die Erkenntnis nicht das Problem sei, sondern die Verkörperung, gemeint ist, dass die Erkenntnis im Grunde egal ist. Es geht darum, dass man die Ideologie verkörpere, losgelöst davon, ob man die Weltanschauung verstanden hat, und dafür Sorge trage, dass Andere die Ideologie verkörpern, bloß indem man sie selbst verkörpert. Selbstverständlich leistet man durch das praktische Beispiel, das man gibt, durch den Ton mit dem man spricht, selbst die Körperhaltung, die man einnimmt, einen Beitrag zum Zweilinienkampf. Es geht uns nicht darum, dass zu leugnen. Es geht darum, sich klar zu machen, dass bei den Mariateguisten diese Komplemente zur Vernunft, die Vernunft ersetzen sollen. Die Überzeugung der Massen durch die Avantgarde soll durch ein formalistisches Prestige ersetzt werden, dem ohne jedes Verständnis des Marxismus nachgeeifert werden soll. Denn die Verkörperung soll einen Mythos stiften, der die Massen, die angeblich kein Interesse an Wissenschaft hätten, begeistert. Es ist die irrationalistische Verachtung der Massen aus der Philosophie des Faschismus, die sich hier ausdrückt.

Darüber hinaus wird Verkörperung ohne Verständnis der Weltanschauung zur aufgesetzten Pose. Man erzieht Schauspieler, die die Avantgarde mimen, und ihre Unsicherheit aufgrund ihrer Unkenntnis durch Floskeln und Lippenbekenntnisse zu überspielen versuchen. Die Karikaturen auf die Avantgarde werden teilweise grotesk. Da der dialektische Zusammenhang von Weltanschauung und Ausstrahlung (oder allgemeiner ausgedrückt: zwischen Bewusstsein und Sein, zwischen Theorie und Praxis) nicht verstanden wird, wird die mangelnde „Verkörperung“ auch nicht als weltanschauliches Problem begriffen.

Der Klassenstandpunkt und die „Verkörperung“ verkommt bei diesen Leuten zur Willkür ohne Weltanschauung, und so wird es zur metaphysischen Eigenschaft des Subjekts, die es halt irgendwie hat. Das ist Wille ohne Denken. Das ist Irrationalismus. Das ist die Philosophie der Bourgeoisie, wenn sie nicht mehr Freiheit will, sondern Herrschaft.

c) Die Stellung des Marxismus zu Vernunft und Mythos

In seiner Abrechnung mit dem deutschen Irrationalismus von Schelling bis Hitler bringt der Genosse Lukacs die Stellung des Marxismus zur Vernunft auf den Punkt:

Diese Gesichtspunkte bestimmen unsere Behandlungsweise des Stoffs. Primär sind, vor allem für die Auswahl : soziale Genesis und Funktion. Unsere Aufgabe ist es, alle gedanklichen Vorarbeiten zur »nationalsozialistischen Weltanschauung« zu entlarven, mögen sie – scheinbar – noch so weit vom Hitlerismus abliegen, mögen sie – subjektiv – noch so wenig derartige Intentionen haben. Eine der Grundthesen dieses Buches ist : es gibt keine »unschuldige« Weltanschauung. In keiner Beziehung gibt es eine solche, aber insbesondere nicht in bezug auf unser Problem, und zwar gerade im philosophischen Sinn : die Stellungnahme pro oder contra Vernunft entscheidet zugleich über das Wesen einer Philosophie als Philosophie, über ihre Rolle in der gesellschaftlichen Entwicklung. Schon deshalb, weil die Vernunft selbst nicht etwas über der gesellschaftlichen Entwicklung Schwebendes, parteilos Neutrales sein kann, sondern stets die konkrete Vernünftigkeit (oder Unvernünftigkeit) einer gesellschaftlichen Lage, einer Entwicklungsrichtung widerspiegelt, auf den Begriff bringt und diese damit fördert oder hemmt.20

Die Vernunft war der Schlachtruf der bürgerlichen Revolution, und der Irrationalismus war das Feld des reaktionären Adels. Erst als die Bourgeoisie ihre Herrschaft rechtfertigen musste und mittels der Vernunft nicht konnte, als sie eine reaktionäre Klasse wurde, entdeckte sie den Irrationalismus für sich.21 Marx knüpfte an den revolutionären Gehalt des deutschen Idealismus an, und entwickelte den Marxismus als bis dahin höchste Form der Weltanschauung, und begründete eine neue revolutionäre Vernunft, die Vernunft der proletarischen Revolution. Wie sonst könnte der Marxismus ein System sein, wenn er nicht vernünftig, sondern willkürlich wäre?

Lukacs Werk „Die Zerstörung der Vernunft“22 ist im Allgemeinen gut, aber leider widmet er sich nur sehr spärlich den Irrationalisten Bergson und Sorel, die für uns hier wichtig sind.

Der Genosse Gramsci23 hingegen widmete sich etwas ausführlicher den Gedanken Sorels, sowie ihrem bergson‘schen Ursprung und macht in der Sklavensprache der Gefängnishefte einige Anmerkungen zu Sorels Mythos. Gramsci betont hierbei, folgende Punkte:

– Der sorelsche Mythos führt zu einer Praxis der bloßen Negation; Sorels Generalstreik will bloße Zerstörung sein, ohne an sich den Aspekt des Aufbaus zu haben.

– Die Ablehnung der Theorie, sowohl der Analyse als auch der Synthese, die ihn zum Irrationalismus (Willkür, elan vital, Spontaneität) führt.

– Die Ablehnung der Partei und der wissenschaftlichen, historischen Prognose.

Man kann untersuchen, wie Sorel von der Konzeption der Ideologie-Mythos nicht zum Verständnis der politischen Partei gelangt ist, sondern bei der Konzeption der Berufsgewerkschaft stehen geblieben ist. Es stimmt, daß für Sorel der Mythos seinen höchsten Ausdruck nicht in der Gewerkschaft als Organisation eines Kollektivwillens fand, sondern in der praktischen Aktion der Gewerkschaft und eines bereits organisierten und wirkenden Kollektivwillens, einer praktischen Aktion, deren höchste Verwirklichung der Generalstreik sein sollte, also eine „passive Aktivität“ sozusagen, das heißt, negativer und vorläufiger Art (der positive Charakter ist nur in der Übereinkunft der assoziierten Willen gegeben), eine Aktivität, die keine eigene „aktive und konstruktive“ Phase vorsieht. Bei Sorel kämpften folglich zwei Bedürfnisse miteinander: Die des Mythos und die der Kritik des Mythos, da „jeder vorgefaßte Plan utopisch und reaktionär ist“. Die Lösung war dem Impuls des Irrationalen überlassen, des „Willkürlichen“ (im bergsonschen Sinne von „élan vital“), oder auch der „Spontaneität“. (Hier wäre ein Widerspruch anzumerken, der in der Weise impliziert ist, in der Croce sein Problem von Geschichte und Antigeschichte stellt, im Vergleich zu anderen Denkweisen Croces: Seine Abneigung gegen die „politischen Parteien“ und seine Weise, die Frage der „Vorhersehbarkeit“ der gesellschaftlichen Tatsachen zu stellen, […], wenn die sozialen Tatsachen nicht vorhersehbar sind, und das Konzept der Voraussicht selbst eine leere Worthülse ist, dann muß das Irrationale geradezu dominieren und ist jede Organisation von Menschen Antigeschichte, ist ein „Vorteil“; es bleibt nichts anderes übrig, als von Fall zu Fall, mit unmittelbaren Kriterien, die einzelnen praktischen Probleme zu lösen, die die geschichtliche Entwicklung stellt […]. Kann aber ein Mythos „nicht-konstruktiv“ sein, ist es, Sorels Intuitionen folgend, vorstellbar, daß ein Instrument Wirklichkeit produziert, das den Kollektivwillen in seiner ursprünglichen und elementaren Phase beläßt, derjenigen seines reinen Sich-Formierens, durch Unterscheidung (durch „Abspaltung“), sei es auch mit Gewalt, daß heißt, indem es die vorhandenen moralischen und rechtlichen Verhältnisse zerstört? Aber wird dieser so elementar geformte Kollektivwille nicht sofort aufhören zu existieren, indem er sich in eine Unzahl von Einzelwillen zerstreut, die in der positiven Phase unterschiedliche und gegensätzliche Richtungen einschlagen? Abgesehen von der Frage, daß es Zerstörung, Negation nicht geben kann, ohne implizite Konstruktion, Affirmation, und dies nicht im „metaphysischen“ Sinne, sondern praktisch, das heißt politisch, als Parteiprogramm. In diesem Fall sieht man, daß hinter der Spontaneität reiner Mechanizismus vermutet wird, hinter der Freiheit (Willkür – élan vital) ein Höchstmaß an Determinismus, hinter dem Idealismus ein absoluter Materialismus.“

Gramsci: Gefängnishefte Bd. 7, Heft 13, §1, S. 1536 f.

Der Schluss des Zitats stellt in Form von Fragen fest, dass ein „Mythos“ – wohlwollend gedeutet als revolutionäre Leidenschaft der Massen – konstruktiv sein könne, und nicht in Einzelwillen zerfallen müsse, wenn es eine Partei gibt, die ihn zusammen fasst und führt. Er deutet hier in Form von Fragen an, was er an anderer Stelle, die wir später zitieren werden, explizit macht.

Das folgende Zitat steht im Kotext der zuvor zitierten Stelle. Mit dem Fürsten meint Gramsci die Schrift Machiavellis, über die er auf den Seiten vor diesem Zitat spricht. Diese Schrift deutet er als theoretischen Entwurf einer bürgerlich-nationalen Revolution. Der Jakobinismus steht hier für die Avantgarde beziehungsweise die Partei.

Der „abstrakte“ Charakter der sorelschen Auffassung vom „Mythos“ zeigt sich an der Abneigung (welche die leidenschaftliche Form eines ethischen Abscheus annimmt) gegen die Jakobiner, die gewiß eine „kategorische Inkarnation“ von Machiavellis Fürst waren. Der moderne Fürst muß einen dem Jakobinismus (in der umfassenden Bedeutung, die diese Bezeichnung historisch gehabt hat und begrifflich haben muss) gewidmeten Teil haben, als Beispiel dafür, wie ein Kollektivwille konkret sich herausgebildet und gehandelt hat, der zumindest in einigen Aspekten eine Neuschöpfung, ursprünglich war. Und erforderlich ist, daß der „Kollektivwille“ und der politische Wille im allgemeinen, im modernen Sinn definiert werden, der Wille als handelndes Bewußtsein der geschichtlichen Notwendigkeit, als Protagonist eines realen, tatsächlichen geschichtlichen Dramas.

Gramsci: Gefängnishefte Bd. 7, Heft 13, §1, S. 1538. (Unterstreichung von uns).

Gramsci macht hier etwas sehr löbliches über die destruktive Kritik des falschen Gedankens, die wir zuvor anhand der Zitate Sorels geleistet haben, hinaus gehendes. Er würdigt den objektiven Gehalt des falschen Gedankens. Denn auch der falsche Gedanke ist ein Gedanke zur Welt; auch die bürgerliche Weltanschauung, ist Anschauung der Welt. Das heißt, das man aus der inhaltlichen Auseinandersetzung mit dem falschen Gedanken klüger heraus gehen kann, als man hinein gegangen ist, weil in allem Falschen etwas Wahres liegt.24

Diesen objektiven Gehalt der falschen Gedankens Sorels schält er in einem Paragrafen heraus, der sich an explizite Ausführungen zu Sorel anschließt. Darin fasst er die Massenlinie des Marxismus zusammen, und beleuchtet dabei die objektive Dialektik von Gedanke und Gefühl, die von Sorel und Mariategui in metaphysischer Einseitigkeit als Mythos aufgeworfen wird.

Übergang vom Wissen zum Verstehen, zum Fühlen, und umgekehrt, vom Fühlen zum Verstehen, zum Wissen. Das volkshafte Element „fühlt“, aber versteht oder weiß nicht immer; das intellektuelle Element „weiß“, aber es versteht und vor allem „fühlt“ nicht immer. Die beiden Extreme sind folglich Pedanterie und Spießbürgertum auf der einen Seite und blinde Leidenschaft und Sektierertum auf der anderen. Nicht, daß der Pedant nicht leidenschaftlich sein kann, im Gegenteil; die leidenschaftliche Pedanterie ist ebenso lächerlich und gefährlich wie die maßloseste Sektiererhaltung und Demagogie. Der Irrtum der Intellektuellen besteht (im Glauben), man könne wissen ohne zu verstehen und besonders ohne zu fühlen und leidenschaftlich zu sein (nicht nur fürs Wissen an sich, sondern fürs Objekt des Wissens), daß also der Intellektuelle ein solcher sein könne (und nicht ein reiner Pedant), wenn er vom Volk-Nation unterschieden und abgehoben ist, das heißt, ohne die elementaren Leidenschaften des Volkes zu fühlen, sie verstehend und folglich in der bestimmten geschichtlichen Situation erklärend und rechtfertigend und sie dialektisch mit den Gesetzen der Geschichte, mit einer höheren, wissenschaftlich und kohärent ausgearbeiteten Weltauffassung, dem „Wissen“ verknüpfend; man macht keine Politik-Geschichte ohne diese Leidenschaft, das heißt ohne diese Gefühlsverbindung zwischen Intellektuellen und Volk-Nation. Bei Abwesenheit einer solchen Verbindung sind bzw. reduzieren sich die Beziehungen des Intellektuellen zum Volk-Nation auf Beziehungen rein bürokratischer, formaler Art; die Intellektuellen werden zu einer Kaste oder einer Priesterschaft (sogenannter organischer Zentralismus). Wenn das Verhältnis zwischen Intellektuellen und Volk-Nation, zwischen Führenden und Geführten, zwischen Regierenden und Regierten durch einen organischen Zusammenhalt gegeben ist, in dem das Gefühl-Leidenschaft zum Verstehen und folglich zum Wissen wird (nicht mechanisch, sondern auf lebendige Weise), nur dann ist die Beziehung eine der Repräsentanz und kommt es zum Austausch individueller Elemente zwischen Regierten und Regierenden, zwischen Geführten und Führenden, das heißt, es verwirklicht sich der „geschichtliche Block“.

Gramsci: Gefängnishefte Bd. 6, Heft 11, §67, S. 1490.

Gramsci bringt hier leider in der kryptischen Sklavensprache der Gefängnishefte, die den Versuch darstellt unter den Bedingungen der faschistischen Haft einen Beitrag zum Zweilinienkampf der Kommunistischen Partei Italiens zu leisten, zwar schwer verständlich, aber dennoch meisterlich auf den Punkt, was die richtige Stellung zu dem von Sorel und Mariategui aufgeworfenen Problem ist.

Das spontane Bewusstsein der Massen entspricht oftmals nicht der Wissenschaft des Marxismus. Aber ein Marxist, der nicht auf dem Standpunkt des Proletariats steht, nicht mit den Massen leben, kämpfen und arbeiten will, sich ihnen nicht verbunden fühlt, und ihre Leidenschaften nicht teilt, der ist streng genommen kein Marxist, und der wird nie in der Lage sein, tatsächlich seine Rolle als Avantgarde der Klasse wahrzunehmen, weil er sich weigert Teil der Klasse zu werden. Stattdessen wird er nur trockene, tote Theorie predigen, sich den Massen nicht verständlich machen, und die Massen nicht begeistern, nicht zur Tat treiben können.25

Die Dialektik von Gedanke und Gefühl26 muss ihren Widerhall finden in einem angemessenen Verhältnis von Form und Inhalt in der gesamten Propagandaarbeit, in den Texten und Demonstrationen, im allgemeinen Arbeitsstil und im individuellen Verhalten der Kommunisten. Die Form muss in jeder Hinsicht dem Inhalt, dem politischen Zweck des Kommunismus und allem, was dafür notwendig ist, entsprechen. Am Ende dieses Dokuments werden wir nach der Kritik von Radeks Schlageter-Linie nochmals auf diesen Punkt eingehen.

2. Die 19. Ausgabe des Klassenstandpunkt

Der Artikel zur Zersetzung des Imperialismus ist der Höhepunkt des theoretischen Degenerationsprozesses. Der ökonomische Teil ist kein Meisterwerk, aber er erfüllt grob seinen politischen Zweck. Es wird halbwegs nachvollziehbar dargestellt, dass der Imperialismus immer häufigere und heftigere Krisen hervorbringt und zwar notwendig. Das man glaubt, den tendenziellen Fall der Profitrate, der von Marx im Zuge des d r i t t e n Band des Kapitals auf ca. 60 Seiten dargestellt wird, in seiner imperialistischen Verlaufsform, also ergänzt um Lenins Weiterentwicklung der politischen Ökonomie, in wenigen Worten zusammen fassen zu können, und danach vor allem historische Fakten aneinanderreiht, ist problematisch, aber nicht revisionistisch. Eine mangelnde theoretische Einordnung ist kein Revisionismus, es ist einfach nur Schlamperei.

Der Abschnitt zur politischen Situation des Imperialismus ist sogar relativ gut, weil man ihn hauptsächlich aus der Internationalen Linie der Kommunistischen Partei Perus abschreiben konnte, beziehungsweise diese so viel Orientierung gab, dass man nicht allzu weit daneben hauen konnte. Die Krise des Parlamentarismus ist richtig erkannt und beschrieben.

a) Dogmatismus statt immanenter Kritik

Der Abschnitt zur ideologischen Zersetzung ist eine solche Katastrophe, dass wirklich schwer vorstellbar ist, wie es dazu überhaupt kommen konnte. Bei allen Fehlern der politischen Gruppen, die sich am Klassenstandpunkt orientieren, gibt es in dessen Redaktion doch Leute, die mal die Deutsche Ideologie oder die Kritik der kritischen Kritik, Materialismus und Empiriokritizismus oder Stalins Texte gegen Trotzki gelesen haben. In Anbetracht, dass man glauben möchte, dass das so ist, bleibt man einfach nur sprachlos zurück, wenn ein Text veröffentlicht wird, der bei Wikipedia abschreibt, dass die „immanente Kritik“ eine Eigenart der Kritischen Theorie Adornos sei, dann behauptet, dass „immanente Kritik“ mit Marxismus nichts zu tun habe, um dann nicht ein einziges immanentes Argument gegen den Diskursbegriff Foucaults vorzubringen weiß, stattdessen beweist man, dass man ihn nicht verstanden hat, um dann den Gegner als schwul und möglicherweise pädophil zu denunzieren. Das ist so niederträchtig und geistlos, und so ignorant gegen alle Schriften der Klassiker, dass es einem die Fassung raubt. Dennoch müssen wir an dieser Stelle detaillierter darauf eingehen.

Die grundlegenden Regeln der Abhandlung von Texten, die Spinoza aufgestellt hat, wurden aufgenommen vom Konzept der ‚immanenten Kritik‘, das von Vertretern der ‚Kritischen Theorie‘ der Frankfurter Schule voran gebracht wurde. Einer der wichtigsten Vertreter der Frankfurter Schule war Theodor Adorno, der sich auch der ‚immanenten Kritik‘ widmete. Bei diesem Konzept wird vor allem darauf zentriert Texte und ihre Aussagen zu kritisieren, indem die Aussagen eines Textes auf ihre Konsistenz geprüft werden, bzw. auf unzureichende Begründung von Thesen und ähnlichem. Was sich hier weiter herauskristallisiert ist eine starke Loslösung von der Praxis, da es nicht mehr darum geht die Korrektheit einer Aussage mit tatsächlichen Ergebnissen (also in der Praxis) zu beweisen, sondern die Frage der Argumentation in den Vordergrund rückt. Dieses Konzept hat starke Überschneidungen mit dem Dekonstruktivismus, ist aber deutlich eine Fortführung von Spinozas Regeln der Abhandlung von Schriftstücken.“

Die Zersetzung des Imperialismus in Klassenstandpunkt Nr. 19, S. 22 f.

Dieser Absatz ist fast wörtlich aus dem Wikipedia-Artikel zum Thema abgeschrieben. Man wünschte sich, sie hätten den Wikipedia-Artikel zum Dekonstruktivismus auch gelesen, dann wäre ihnen vielleicht aufgefallen, dass der Dekonstruktivismus das beschriebene Verfahren als logozentrisch geißeln würde. Noch mehr wünschte man sich, sie hätten genug Schriften von Marx, Engels und Lenin gelesen, um zu wissen, dass immanente Kritik im Zweilinienkampf des Marxismus das ist, was die Zerstörung im Krieg ist.

Die Stellung des Marxismus zur immanenten Kritik hat Genosse Lukacs zusammen gefasst:

Diese Genesis und Funktion aufzudecken, ist von größter Wichtigkeit; aber in sich selbst noch keineswegs ausreichend. Die Objektivität des Fortschritts reicht freilich dazu aus, eine einzelne Erscheinung, eine Richtung als reaktionäre richtig zu stigmatisieren. Eine wirkliche marxistisch-leninistische Kritik der reaktionären Philosophie darf aber hier nicht stehenbleiben. Sie muß vielmehr die philosophische Falschheit, die Verzerrung der Grundfragen der Philosophie, das Zunichtemachen ihrer Errungenschaften usw. als notwendige, sachlich-philosophische Folgen solcher Stellungnahmen konkret, im philosophischen Material selbst, aufzeigen. Insofern ist die immanente Kritik ein berechtigtes, ja unentbehrliches Moment für die Darstellung und Entlarvung reaktionärer Tendenzen in der Philosophie. Die Klassiker des Marxismus haben sie auch stets verwendet, so Engels im »Anti-Dühring«, so Lenin im »Empiriokritizismus «.Die Ablehnung der immanenten Kritik als Moment einer Gesamtdarstellung, die zugleich soziale Genesis und Funktion, Klassencharakteristik, gesellschaftliche Entlarvung usw. umfaßt, muß notwendig zu einem Sektierertum in der Philosophie führen : zu einer Auffassung, als ob alles, was für einen bewußten Marxisten-Leninisten sich von selbst versteht, auch für seine Leser ohne Beweis einleuchtend wäre. Was Lenin über das politische Verhalten der Kommunisten gesagt hat : »Aber es kommt gerade darauf an, daß man das, was für uns überlebt ist, nicht als überlebt für die Klasse, als überlebt für die Massen ansieht«, gilt vollinhaltlich auch für die marxistische Darstellung der Philosophie. Der Gegensatz der verschiedenen bürgerlichen Ideologien zu den Errungenschaften des dialektischen und historischen Materialismus ist die selbstverständliche Grundlage unserer Behandlung und Kritik. Aber auch der sachliche, philosophische Nachweis der inneren Inkohärenz, Widersprüchlichkeit usw. der einzelnen Philosophien ist unumgänglich, wenn man ihren reaktionären Charakter wirklich konkret zur Evidenz bringen will.“

Lukacs: Die Zerstörung der Vernunft. S. 10 f.

Aus dem falschen Verständnis von „immanenter Kritik“ der Mariateguisten folgt ein falsches Verständnis von Zweilinienkampf und Massenarbeit. Denn wer die immanente Kritik ablehnt, der will im Zweilinienkampf den Aufbau der proletarischen Ideologie losgelöst von der Zerstörung der bürgerlichen Ideologie leisten, und wird somit keine Marxisten, sondern Eklektizisten erziehen, die ihre bürgerliche Ideologie bloß um proletarische Versatzstücke ergänzen. Die Absage an das Argumentieren ist die Rechtfertigung einer dogmatischen Didaktik, die wenn sie mit theoretischen Waffen nicht weiter kommt einfach auf die Praxis, also den Mythos verweist. Wer dagegen wirklich den Marxismus verkörpert, die Analyse der bürgerlichen Gesellschaft und die Notwendigkeiten der proletarischen Revolution tatsächlich begriffen hat, in diesem Bewusstsein handelt und sich verhält, der verteidigt gerne den Marxismus, der kritisiert gerne die bürgerliche Ideologie, weil ihm die Revolution eine Freude ist.

Klar ist auch, dass man so niemanden gewinnen kann, außer Zirkel, die sowieso schon auf der Suche nach einer revolutionären Organisation sind, und denn man dann nur mit stolz geschwollener Brust sagen muss, schaut her, das sind wir! Die kann man dann tatsächlich gewinnen, wenn man ihnen einredet, dass sie keine Antworten hätten, während man selbst über alles Bescheid wüsste, und sich mythisch größer macht als man ist.

b) Kapitulation vor dem Antisemitismus

Aber sie schaffen es sogar dem noch einen drauf zu setzen, indem sie im Abschnitt zur rechten Form des bürgerlichen Idealismus nicht ein Wort zum Antisemitismus verlieren. In Deutschland gibt es eine antisemitische Massenbewegung, die glaubt, dass die Juden die Weltbevölkerung mit einer „Plandemie“ (das ist kein Rechtschreibfehler, sondern ein Wortspiel der Antisemiten) und einem „giftigen Impfstoff“ töten wollen. Die Nazis benutzen eine aufgewärmte Variante der Protokolle der Weisen von Zion, um die gerechtfertigte Rebellion der Massen gegen die Abschaffung der Grundrechte und die Abwälzung der Kosten der Krise auf das Volk für sich zu nutzen, und führen diese Bewegung, indem sie sie auf totalen Opportunismus verpflichten, dadurch sich selbst salonfähig machen, und ihre Propaganda entfalten. Und die Mariateguisten reden über UFOs. Es wäre komisch, wenn es nicht so tragisch wäre. Man fragt sich, welcher interne Widerspruch diese Auslassung hervorgebracht hat?

Durch die Kapitulation vor dem Antisemitismus nimmt man sich selbst auch die Möglichkeit vernünftig und erfolgreich in die Proteste gegen die Kampagne der herrschenden Fraktion der Bourgeoisie im Zuge dieser Krise einzugreifen. Das ist nur konsequent, wenn man die immanente Kritik ablehnt. Der Antisemitismus wird nicht zerschlagen, sondern um marxistische Versatzstücke ergänzt. Herzlichen Glückwunsch, wenn das Früchte trägt.

c) Mythos statt historischer Selbstkritik der proletarischen Revolution

Zum „Vortrag zum Tag der Befreiung“ haben wir nur folgendes Marx-Zitat anzuführen:

Bürgerliche Revolutionen, wie die des achtzehnten Jahrhunderts, stürmen rascher von Erfolg zu Erfolg, ihre dramatischen Effekte überbieten sich, Menschen und Dinge scheinen in Feuerbrillanten gefaßt, die Ekstase ist der Geist jedes Tages; aber sie sind kurzlebig, bald haben sie ihren Höhepunkt erreicht, und ein langer Katzenjammer erfaßt die Gesellschaft, ehe sie die Resultate ihrer Drang- und Sturmperiode nüchtern sich aneignen lernt. Proletarische Revolutionen dagegen, wie die des neunzehnten Jahrhunderts, kritisieren beständig sich selbst, unterbrechen sich fortwährend in ihrem eignen Lauf, kommen auf das scheinbar Vollbrachte zurück, um es wieder von neuem anzufangen, verhöhnen grausam-gründlich die Halbheiten, Schwächen und Erbärmlichkeiten ihrer ersten Versuche, scheinen ihren Gegner nur niederzuwerfen, damit er neue Kräfte aus der Erde sauge und sich riesenhafter ihnen gegenüber wieder aufrichte, schrecken stets von neuem zurück vor der unbestimmten Ungeheuerlichkeit ihrer eigenen Zwecke, bis die Situation geschaffen ist, die jede Umkehr unmöglich macht, und die Verhältnisse selbst rufen: „Hic Rhodus, hic salta! Hier ist die Rose, hier tanze!““

Marx: Der 18. Brumaire des Louis Bonaparte., in MEW Bd. 8, S. 111-207, hier S. 118.

Ist das der Geist in dem ihr auf die Geschichte der Arbeiterbewegung blickt?

Ist es nicht. Weil die Mariateguisten aus der Geschichte der Arbeiterbewegung einen Mythos zimmern wollen, ist für sie jeder Zweifel eine Bedrohung. Daher können sie diesem Aufruf zur Selbstkritik von Marx nicht folgen. Stattdessen müssen sie sich alles schön reden. Durch diese Abweichung von Marx verdammen sie sich alle Fehler zu wiederholen, und das Voranschreiten der relativen Wahrheit der Wissenschaft aufzuhalten.

3. Fokismus mangels Anwendung

Das größte Problem des Proletariats in Deutschland ist die Rekonstitution der Kommunistischen Partei Deutschlands und die Einleitung des Volkskrieges. Wie diese beiden Aufgaben zu bewältigen sind, muss die Avantgarde beantworten, und sie muss sie praktisch lösen.

Die Redaktion Klassenstandpunkt redet sich den Mund fusselig mit diesen beiden Notwendigkeiten, und wird auch nicht müde zu betonen, dass das Universelle am Marxismus-Leninismus-Maoismus a n g e w e n d e t werden müsse auf die konkreten Bedingungen der Revolution in Deutschland, aber sie lassen die revolutionäre Bewegung darüber im Dunkeln, was das heißt.

Es findet keine Anwendung statt. Stattdessen behauptet man, dass die teils richtige, teils falsche Anwendung des Maoismus auf die Realtität in Peru durch die PCP in Form des Gonazlo-Denkens allgemeingültig wäre, und auch in Deutschland angewendet werden müsse. So zieht man sich aus der Affäre.

Das Problem ist nur, Peru ist ein halbfeudales, halbkoloniales Land und gehört somit zu den Sturmzentren der Weltrevolution in einer Zeit in der der Hauptwiderspruch auf Weltebene der zwischen Imperialismus und unterdrückten Nationen ist. Deutschland ist ein imperialistisches Land in dem mit den Profiten aus dem internationalen Kapitalexport ein relativer sozialer Frieden erkauft wird und der staatliche Gewaltapparat sich als flächendeckendes Gewaltmonopol behauptet.

Wenn man dann ohne Kritik eine Übersetzung des brasilianischen Text „Volkskrieg und Revolution“ veröffentlicht, muss man erwarten, dass man diesen Text für die Linie der Redaktion Klassenstandpunkt hält.

Die wichtigsten Zitate27 daraus sollen im folgenden angeführt werden. Die kursiven Hervorhebungen sind von uns:

Das Problem der Einleitung impliziert zwei Faktoren: Die Trägheit zu Überwinden von hauptsächlich nicht bewaffneten Formen des Kampfes zu hauptsächlich bewaffneten Formen des Kampfes überzugehen und darauf zu zentrieren, dass man hauptsächlich dadurch lernt Krieg zu führen, in dem man den Krieg führt. Und natürlich ist das nicht die Negation der Notwendigkeit der Vorbereitung, im Gegenteil, dieses Problem muss ernsthaft behandelt werden, aber nicht bis zu einem Punkt, dass es ein unüberwindbares Hindernis und eine Negation seiner Erreichbarkeit wird. Aber dazu kommt auch, dass wir einem praktischen und nicht weniger wichtigem Fakt Achtung schenken müssen, wie Vorsitzender Gonzalo uns mahnt, und das ist den richtigen Moment für die Einleitung zu wählen. Den empfindlichsten und vorteilhaftesten Moment der von einem bestimmten Niveau der Krise, Instabilität und Schwäche der Regierung, innerhalb einer bestimmten Revolutionären Situation bestimmt ist, die sich ungleich auf der Welt entwickelt.“

Klassentandpunkt Nr. 16, S. 43.

Die Stufe der strategischen Defensive beginnt mit der Anerkennung des Kräfteverhältnisses zwischen Revolution und Konterrevolution, in der wie im ersten Fall, das Proletariat, die arme Bauernschaft und andere Volksmassen im allgemeinen zu einem sehr geringen Grad organisiert sind, was bedeutet, dass die grundlegenden Instrumente der Revolution noch schwach und wenig entwickelt, embryotisch oder sogar inexistent sind. Die Gefahr der Zerstörung der Revolutionären Kräfte liegt in diesem Widersprüchen, was verlangt, dass diese geführt und darauf ausgerichtet werden jede Art der Auseinandersetzung von strategischem Charakter fern zu bleiben, vor diesen zu fliehen und auf taktischer Ebene offensiv zu agieren. Der Feind kann in Teilen besiegt werden, wenn das Konzept der absoluten Überlegenheit für jeden Kampf angewandt wird.

Klassenstandpunkt Nr. 16, S. 33.

Aus den Widersprüchen und ihrer Entwicklung folgen, im Fall der rückständigen und Unterdrückten Ländern, vier allgemeine Kriterien, die den lang andauernden Charakter des Volkskrieges bestimmen: 1) Die halbkolonialen Umstände dieser Länder, in denen sich der bürokratische Kapitalismus entwickelt, mit den dort hinein spielenden Verhältnissen halbfeudalen Typs; 2) Die Kräfte des Feindes sind groß, stark und haben große Erfahrung erlangt im Kampf gegen Suversion und Revolution; 3) Ausgehend von dem geringen Niveau der Entwicklung der Kräfte der Revolution und ihrer Rückständigkeit und davon, dass sie sich nicht auf eine Guerillaarmee stützen kann, sind diese zu Anfang fragil; 4) Der Volkskrieg hängt von der minimal etablierten Existenz der Kommunistischen Partei ab um absolut ihre Führung durchzusetzen. Die erste und vierte Charakteristik bestimmen, ob die Volksguerillaarmee wachsen und den Feind besiegen kann. Die zweite und dritte Charakteristik legen fest, dass die Volksguerillaarmee nicht schnell wachsen kann, dass sie Zeit benötigt sich zu entwickeln und die Massen in den Krieg zu inkorporieren, um das Kräfteverhältnis Schritt für Schritt zum Vorteil der Revolution zu kippen, wie es sehr gut vom Vorsitzenden Gonzalo über den Volkskrieg formuliert wurde.

Nur die erste Charakteristik ist anders im Falle der entwickelten kapitalistischen Länder (imperialistisch im Allgemeinen) zu den rückständigen Ländern, denn es ist das besondere Merkmal des Wesens dieser Länder, dass sie Teil des Monopolkapitalismus, des Imperialismus, sind. Das heißt, sie haben ein anderes Wesen zu dem überwältigenden Großteil der rückständigen Länder, die von einer Handvoll von entwickelten kapitalistischen Ländern, den Mächten und Supermächten, unterdrückt werden. Entsprechend ihres Wesens, sind in diesen Ländern mit ihrem Fortschritt der Verfaultheit, der die Produktionsverhältnisse bestimmt, so wie die anderen Verhältnisse, die von diesen als Überbau hervorgehen, erzeugen sie Krisen von immer kürzeren Zyklen, verschärfen sich die internen Widersprüche und die Unruhe und die Repression gegen den Widerstand der Massen, welcher sich notwendiger Weise zunehmend radikalisiert. Das heißt, dass der zunehmende Grad der Ausbeutung, mit der Beschneidung der Rechte, der Tendenz zum Faschismus und reaktionärer Gewalt gegen das demokratische Recht auf Assoziation, der Repression gegen Streiks und Demonstrationen, das charakterisiert wird von einer Zunahme von Rassismus und Chauvinismus und aller Arten von reaktionären Vorurteilen, erzeugen große Wellen des Kampfes, die es ermöglichen und zum Vorteil der Entwicklung des revolutionären Kampfes im Allgemeinen und der revolutionären Partei des Proletariats und seiner Arbeit sind.“

Klassenstandpunkt Nr. 16, S. 32 f.

Das hauptsächliche Problem am ersten Zitat über den richtigen Moment der Einleitung offenbart sich nur im Zusammenhang mit den anderen Zitaten, weshalb wir sie auch gemeinsam besprechen. Die Wahl des richtigen Moments der Einleitung wird vom äußeren Widerspruch abhängig gemacht. Das Entscheidende ist aber der innere Widerspruch des Proletariats, der Widerspruch von Avantgarde und Massen. Die Frage ist nicht, die Schwäche der Bourgeoisie, sondern die Stärke des Proletariats, seine Entwicklung von der Klasse an sich zur Klasse für sich, die sich in seinen Organisationen und ihrer Massenbasis ausdrückt. Dass sie das tatsächlich so meinen, wie wir es verstehen, wird deutlich, wenn man sich das nächste Zitat durch liest. Denn sie meinen, dass man den Volkskrieg einleiten könne obwohl „die grundlegenden Instrumente der Revolution noch schwach und wenig entwickelt, embryotisch oder sogar inexistent sind“. Die Kommunistische Partei Perus hat bewiesen, dass das in unterdrückten Nationen geht. Das liegt am inneren Widerspruch des Feindes, an der territorialen Ausdehnung der Staatsmacht, und vor allem an dem anderen Widerspruch von Avantgarde und Massen in den unterdrückten Nationen.

Die ersten Stützpunktgebiete konnten im Volkskrieg in Peru errichtet werden – nicht weil der Feind vernichtend geschlagen wurde – sondern weil er geflohen ist. Auch das Beispiel des Islamischen Staats in seinem Kampf gegen die irakische Armee bestätigt diese Erfahrung. Das wird hier so nicht sein.

Außerdem gibt es in Deutschland kein Territorium in dem der Staat nicht präsent ist. Es gibt keinen Dschungel und keine Berge. Das heißt nicht, dass der Volkskrieg unmöglich ist! Das heißt, dass die Massen unser Dschungel sind. Das Problem ist dann aber, dass man eine Massenbasis braucht b e v o r man den Volkskrieg einleitet. Denn nur so ist es möglich, dass die Kommunisten „jede Art der Auseinandersetzung von strategischem Charakter fern [zu] bleiben, vor diesen [zu] fliehen und auf taktischer Ebene offensiv [zu] agieren“. Wenn man bei der Einleitung des bewaffneten Kampfes in einem imperialistischen Land keine Massenbasis hat, dann beginnt man keinen Guerillakrieg, sondern einen Stellungskrieg; das ist kein Volkskrieg, das ist Fokismus. Denn wenn man die drei Instrumente der Revolution nicht zur Verfügung hat, und keine Massenbasis hat, dann braucht der Feind weder Militär noch Polizei; Uniter reicht aus für die selektive Vernichtung bekannter Ziele. In Peru und auch Brasilien ist das anders, denn erstens ist die Präsenz der Staatsmacht nicht absolut, und vor allem haben die Massen mehr und dringlichere Gründe zu kämpfen, lassen sich also einfacher für den bewaffneten Kampf mobilisieren, politisieren und organisieren als hier.

Das noch größere Problem ist – wie die Erfahrung der Roten Armee Fraktion hinreichend bewiesen hat – dass man als Sturmtruppe der Revolution in einem imperialistischen Land keine Nachhut bilden kann. Der Glaube, dass man das könne, beruht auf einem falschen Verständnis des Gesetzes der Inkorporation der Massen. Das Richtige am Gesetz der Inkorporation der Massen ist, dass die revolutionäre Praxis, und besonders der Volkskrieg, eine Realität schafft, die ein anderes Sein ist, eine andere materielle Grundlage für die Entwicklung des Bewusstseins der Massen. Folglich wird die Einleitung und Entwicklung des Volkskrieges andere und in gewisser Weise auch bessere Bedingungen für die Handhabung des Widerspruchs zwischen Avantgarde und Massen stiftet. Allerdings bleibt das ein Widerspruch, und die Frage, wer die Hegemonie über die Massen hat, ob sie von der proletarischen Avantgarde oder der Bourgeoisie geführt werden, bleibt eine Frage des Kampfes, des Zweilinienkampfes. Und wenn man in einem Land mit Schulpflicht, Medienmonopolen, einer vom Revisionismus geführten revolutionären Bewegung, ausschließlich korporatistischen Gewerkschaften und noch vielen anderen für den ideologischen Kampf genutzten Instrumenten der Bourgeoisie den bewaffneten Kampf einleitet, ohne über eine eigene Öffentlichkeit zu verfügen, ohne eigene Instrumente zu haben, die im Zweilinienkampf die bürgerliche Ideologie zerstören und die proletarische Ideologie aufbauen können, und vor allem auch den Vertrieb entsprechender Texte organisieren können, und unter Kriegsbedingungen Demonstrationen durchführen können, und viele andere entsprechende Aufgaben durchführen können, dann verliert man die Sympathie der Massen, weil die neue Realität des bewaffneten Kampfes vom Feind interpretiert wird, und dessen Interpretation die Massen mangels Gegner für sich gewinnt. Die Mariateguisten haben keinen Begriff davon, dass die Bourgeoisie in den imperialistischen Staaten darauf abzielt einen Konsens des Volkes zur Herrschaft herbei zu regieren, und schon gar nicht wie die materiellen Verhältnisse notwendig falsches Bewusstsein hervorbringen, daher unterschätzen sie die Rolle des ideologischen Kampfes. Aber selbst, wenn sie dessen Notwendigkeit begreifen würden, fehlt ihnen die immanente Kritik bürgerliche Ideologie, um diesen ideologischen Kampf um die Massen zweckmäßig zu führen.

4. Zum nationalbolschewistischen Zirkel Jugendwiderstand

Der nationalbolschewistische Zirkel Jugendwiderstand ist ein Resultat dessen, dass man die faschistische Philosophie des Mythos durchsetzt, und dann aber damit in der Massenarbeit scheitert. Dann bekommt man eine Abspaltung, die am Mythos festhält, aber lieber auf einen zurückgreift, der schon etabliert ist, nämlich den nationalen Mythos. Ihr historisches Vorbild hatten sie in der Schlageter-Rede des Trotzkisten Karl Radek. Sie ist eine Kapitulation vor dem Faschismus.

Der folgende Abschnitt ist eine Dokumentation der Schlageter-Rede von Karl Radek samt Kommentar. Die Rede ist Ausdruck der nationalbolschewistischen Linie innerhalb der KPD in den 1920er Jahren. In ihrer Rhetorik ist sie brilliant, denn sie verkauft den Rechtsopportunismus in einer Art und Weise, gegen die nur ein sehr geschulter Zuhörer oder Leser widersprechen kann. Die Wiederholung dieser Tragödie als Farce nannte sich Jugendwiderstand. Alle folgenden Zitate aus „Radek, Karl: Leo Schlageter, der Wanderer ins Nichts. Die Rote Fahne, 26. Juni 1923, zit. n. Herrmann Weber (Hrsg.): Der deutsche Kommunismus, Dokumente 1915-1945. Köln 1972. S. 142-147.“

Wir haben das weitausgreifende und tiefeindringende Referat der Gen. Zetkin angehört über den internationalen Faschismus, diesen Hammer, der – bestimmt, auf das Haupt des Proletariats zerschmetternd niederzufallen – in erster Linie die kleinbürgerlichen Schichten treffen wird, die ihn im Interesse des Großkapitals schwingen. Ich kann diese Rede unserer greisen Führerin weder erweitern noch ergänzen. Ich konnte sie nicht einmal gut verfolgen, weil mir immerfort vor den Augen der Leichnam des deutschen Faschisten stand, unseres Klassengegners, der zu Tode verurteilt und erschossen wurde von den Schergen des französischen Imperialismus, dieser starken Organisation eines anderen Teils unserer Klassenfeinde. Während der ganzen Rede der Gen. Zetkin über die Widersprüche des Faschismus schwirrte mir im Kopfe der Name Schlageter herum und sein tragisches Geschick. Wir wollen seiner gedenken hier, wo wir politisch zum Faschismus Stellung nehmen. Die Geschicke dieses Märtyrers des deutschen Nationalismus sollen nicht verschwiegen, nicht mit einer abwerfenden Phrase erledigt werden. Sie haben uns, sie haben dem deutschen Volke vieles zu sagen.

Ohne etwas inhaltlich gegen Zetkins Kritik am Faschismus zu sagen, watscht Radek sie ab. Er nennt ihre Rede „weitausgreifend“, nennt die Genossin „greis“, und gesteht dann ein, dass er ihr nicht zugehört hat. Spannend ist auch, dass das Faschistenschwein Schlageter, dieser Kommunistenjäger, für Radek bloß ein Gegner ist, während es sich bei der französischen Bourgeoisie um Feinde handele. Vom Gegner wird Schlageter dann zum „Märtyrer des deutschen Nationalismus“, was wohl ein Lob sein soll.

Wir sind keine sentimentalen Romantiker, die an der Leiche die Feindschaft vergessen, und wir sind keine Diplomaten, die sagen: am Grabe Gutes reden oder schweigen. Schlageter, der mutige Soldat der Konterrevolution, verdient es, von uns Soldaten der Revolution männlich-ehrlich gewürdigt zu werden. Sein Gesinnungsgenosse Freska hat im Jahre 1920 einen Roman veröffentlicht, in dem er das Leben eines im Kampfe gegen Spartakus gefallenen Offiziers schildert. Freska nannte den Roman: Der Wanderer ins Nichts. Wenn die Kreise der deutschen Faschisten, die ehrlich dem deutschen Volke dienen wollen, den Sinn der Geschicke Schlageters nicht verstehen werden, so ist Schlageter umsonst gefallen, und dann sollten sie auf sein Denkmal schreiben: der Wanderer ins Nichts.

Radek wendet sich gegen „sentimentale Romantiker, die an der Leiche die Feindschaft vergessen,“ nur um dann genau das zu tun! Aber mit dieser Einleitung erschwert er es seinen Kritikern seinen Rechtsopportunismus zu enthüllen. „Schlageter, der mutige Soldat der Konterrevolution, verdient es, von uns Soldaten der Revolution männlich-ehrlich gewürdigt zu werden.“ Vom Standpunkt des Patriarchats kann formalistisch, genauer militaristisch Schlageter über das Kriterium des „mutigen Soldatentums“ gewürdigt werden, wodurch eine Abstraktion von dessen Klassenstandpunkt erreicht wird. Schlageter hat im Dienst der deutschen Bourgeoisie gegen polnische und deutsche Arbeiter, und gegen die französische Bourgeoisie gekämpft – aber mutig, kämpferisch, ehrlich, männlich!

Wilder Rechtsopportunismus wird dann die Behauptung, die kleinbürgerlichen und proletarischen Massen des Faschismus würden „ehrlich dem deutschen Volke dienen“ wollen. Es mag sein, dass einige der faschistischen Massen den Ausgangspunkt an geschädigten Interessen des Volkes nehmen und genommen haben, aber wenn sie sich zur faschistischen Weltanschauung durchgearbeitet haben, dann haben sie notwendig den Standpunkt der Bourgeoisie eingenommen, das bedeutet, dass der Ausgangspunkt ihrer Kritik bloß noch in aufgehobener Form in ihrem Bewusstsein auftaucht. Wenn jemand Faschist geworden ist, dann mag das daher rühren, dass er sich an der Lage der Arbeiterklasse oder des Kleinbürgertums störte, aber mit der Annahme der faschistischen Weltanschauung wird sich dazu entschlossen sich auf die Identität und nicht auf dem Kampf im Widerspruch von Bourgeoisie und Volk abzustellen. Deswegen war Schlageter auch Konterrevolutionär und nicht Revolutionär. Richtiger Weise spricht Radek aber wenigstens vom deutschen Volk, denn ein Faschist will dem Volk höchstens als Rattenschwanz der Bourgeoisie dienen, insofern ist sein Kampf nicht der Form, sondern dem Inhalt nach national. Mit dem Dienst am Volke vom Standpunkt der internationalen Arbeiterklasse hat das nichts zu tun.

Hier wird der bürgerliche mit dem proletarischen Volksbegriff28 verwirrt.

Zurückgewinnen kann man solche Massen sicherlich nicht mit sentimental-romantischen Appellen an ihre ehrliche Männlichkeit oder männliche Ehrlichkeit oder was auch immer, sondern höchstens mit einer marxistischen Kritik ihrer bürgerlichen Ideologie!

Im übrigen ist das Wort männlich hier sicherlich nicht zufällig eingestreut, wenn man bedenkt, dass Clara Zetkin seine Vorrednerin war. In seinem mutigen Soldatentum macht Radek sich nicht nur mit dem Faschisten Schlageter (und dessen ihn feiernden Kameraden wie zum Beispiel Adolf Hitler) gemein, sondern er schließt die Genossin Clara Zetkin auch aus diesem ehrlichen Männerbund des mutigen Soldatentums aus.

Deutschland lag auf dem Boden, geschlagen. Nur Narren glaubten, daß die siegreiche kapitalistische Entente das deutsche Volk anders behandeln wird, als das siegreiche deutsche Kapital das russische, das rumänische Volk behandelt hat. Nur Narren oder Feiglinge, die die Wahrheit fürchteten, konnten an die Verheißungen Wilsons, an die Erklärungen glauben, daß nur der Kaiser, nicht das deutsche Volk für die Niederlage zu zahlen haben wird. Im Osten stand ein Volk im Kampfe, hungernd, frierend rang es gegen die Entente an 14 Fronten: Sowjetrußland. Eine dieser Fronten war gebildet von deutschen Offizieren und deutschen Soldaten. Im Freikorps Medem, das Riga stürmte, kämpfte Schlageter. Wir wissen nicht, ob der junge Offizier den Sinn seiner Tat verstanden hat. Der damalige deutsche Regierungskommissar, der Sozialdemokrat Winnig, und der General von der Goltz, der Leiter der Baltikumer, wußten, was sie taten. Sie wollten durch Schergendienste gegen das russische Volk der Entente Wohlwollen erobern. Damit die besiegte deutsche Bourgeoisie keine Kriegstribute den Siegern zahle, vermietete sie junges deutsches Blut, das von der Kugel des Weltkrieges verschont worden ist, als ententistische Söldlinge gegen das russische Volk. Wir wissen nicht, was Schlageter über diese Zeit dachte. Sein Führer Medem hat später eingesehen, daß er durchs Baltikum ins Nichts wanderte. Haben das alle deutschen Nationalisten verstanden? Bei der Totenfeier Schlageters in München sprach General Ludendorff, derselbe Ludendorff, der sich bis auf heute England wie Frankreich als Obrist im Kreuzzug gegen Rußland anbietet. Schlageter wird beweint von der Stinnes-Presse. Herr Stinnes wurde eben in der Alpina Montana der Kompagnon von Schneider-Creusot, des Waffenschmiedes der Mörder Schlageters. Gegen wen wollen die Deutschvölkischen kämpfen: gegen das Ententekapital oder das russische Volk? Mit wem wollen sie sich verbinden? Mit den russischen Arbeitern und Bauern zur gemeinsamen Abschüttelung des Joches des Ententekapitals, oder mit dem Ententekapital zur Versklavung des deutschen und russischen Volkes?

Radek spricht vom jungen Offizier, wenn auch nicht mit bewundernd, so doch zumindest nicht mit Galle im Mund, und entschuldigt seinen antikommunistischen Söldnerdienst für das deutsche Kapital durch eine absurde Unschuldsvermutung. Schon wieder findet Radek eine Möglichkeit die bürgerliche Ideologie der faschistischen Massen zu ignorieren.

Krasser noch fällt seine Entschuldigung der deutschen Bourgeoisie aus. Anscheinend steht die deutsche Bourgeoisie jenseits des Widerspruchs zwischen Kapitalismus und Sozialismus, doch leider war sie durch interimperialistische Widersprüche dazu gezwungen „deutsches Blut“ zu vermieten.

Schlageter ist tot. Er kann die Frage nicht beantworten. An seinem Grabe haben seine Kampfgenossen die Fortführung seines Kampfes geschworen. Sie müssen antworten: gegen wen, an wessen Seite?

Eine Frage die Radek sich auch mal hätte vorlegen sollen! Nicht an Zetkins, sondern an Schlageters und Hitlers Seite?

Im übrigen ist es interessant wie er mit dem Wort „Kampfgenossen“ den Eindruck erweckt, dass die faschistische Kameradschaft so ähnlich wäre wie die proletarische Genossenschaft.

Schlageter ging vom Baltikum nach dem Ruhrgebiet. Nicht erst im Jahre 1923, schon im Jahre 1920. Wißt ihr, was das bedeutet? Er nahm Teil an dem Überfall auf die Ruhrarbeiter durch das deutsche Kapital, er kämpfte in den Reihen der Truppen, die die Ruhrbergleute den Eisen- und Kohlenkönigen zu unterwerfen hatten. Watters Truppen, in deren Reihen er kämpfte, schossen mit den selben Bleikugeln, mit denen General Degoutte die Ruhrarbeiter beruhigt. Wir haben keine Ursache anzunehmen, daß Schlageter aus egoistischen Gründen die hungernden Bergarbeiter niederwerfen half.

Der Weg der Todesgefahr, den er wählte, spricht und zeugt für ihn, sagt, daß er überzeugt war, dem deutschen Volke zu dienen. Aber Schlageter glaubte, daß er am besten dem Volke dient, wenn er hilft, die Herrschaft der Klassen aufzurichten, die bisher das deutsche Volk geführt und in diese namenlose Unglück gebracht haben. Schlageter sah in der Arbeiterklasse den Pöbel, der regiert werden muß. Und er war ganz gewiß einer Meinung mit dem Grafen Reventlow, der da gelassen sagt, jeder Kampf gegen die Entente sei unmöglich, solange der innere Feind nicht niedergeschlagen ist. Der innere Feind aber war für Schlageter die revolutionäre Arbeiterklasse.

Dieser Abschnitt ist ein Glanzstück des Rechtsopportunismus! Radek sagt ganz offen was für ein schäbiges Schwein dieser Schlageter war. Dieser Mörder unserer Klassengeschwister! Er gesteht die bürgerliche Weltanschauung dieses Dreckskerls ein. Aber die wichtigsten zwei Sätze sind diese: „Wir haben keine Ursache anzunehmen, daß Schlageter aus egoistischen Gründen die hungernden Bergarbeiter niederwerfen half. Der Weg der Todesgefahr, den er wählte, spricht und zeugt für ihn, sagt, daß er überzeugt war, dem deutschen Volke zu dienen.“ Über die negative Bestimmung nicht-bürgerlich-individualistisch suggeriert er den Standpunkt des Volkes bei Schlageter. Das ist schon wieder eine Verwirrung von bürgerlichem und proletarischem Volksbegriff! Auch schon wieder wird senitmental und romantisch vom „Weg der Todesgefahr“ geschwatzt, um durchzustreichen gegen wen denn auf diesem Weg marschiert wurde! Gegen die Arbeiterklasse!

Schlageter konnte mit eigenen Augen die Folgen dieser Politik sehen, als er ins Ruhrgebiet im Jahre 1923 während der Ruhrbesetzung kam. Er konnte sehen, daß, wenn auch die Arbeiter gegen den französischen Imperialismus einig dastehen, kein einiges Volk an der Ruhr kämpft und kämpfen kann. Er konnte sehen das tiefe Mißtrauen, das die Arbeiter zu der deutschen Regierung, zu der deutschen Bourgeoisie haben. Er konnte sehen, wie der tiefe Zwiespalt der Nation ihre Verteidigungskraft lähmt. Er konnte mehr sehen. Seine Gesinnungsgenossen klagen über die Passivität des deutschen Volkes. Wie kann eine niedergeschlagene Arbeiterklasse aktiv sein? Wie kann eine Arbeiterklasse aktiv sein, die man entwaffnet hat, von der man fordert, daß sie sich von Schiebern und Spekulanten ausbeuten läßt? Oder sollte die Aktivität der deutschen Arbeiterklasse vielleicht durch die Aktivität der deutschen Bourgeoisie ersetzt werden? Schlageter las in den Zeitungen, wie dieselben Leute, die als Gönner der völkischen Bewegung auftreten, Devisen ins Ausland schieben, um das Reich arm, sich aber reich zu machen. Schlageter hatte ganz gewiß keine Hoffnung auf diese Parasiten, und es war ihm erspart, in den Zeitungen zu lesen, wie sich die Vertreter der deutschen Bourgeoisie, wie sich Dr. Lutterbeck an seine Henker mit der Bitte wandte, sie sollen doch den Königen von Stahl und Eisen erlauben, die hungernden. Söhne des deutschen Volkes, die Männer, die den Widerstand an der Ruhr durchführen, mit Maschinengewehren zu Paaren zu treiben.

Statt eine Kritik am Faschismus zu leisten, empfiehlt sich Radek als der bessere Führer des Faschismus! Radek teilt die Sorge der Faschisten um die Einheit der Nation! Er diagnostiziert „Zwiespalt der Nation“ und empfiehlt Korporatismus als Kur. Die Erfolge des Klassenkampfes von Oben misst er am Kriterium der aktiven Begeisterung der Arbeiterklasse für die nationale Sache, und verurteilt sie darüber! Die Niederschlagung der proletarischen Revolution und Entwaffnung des Proletariats misst er am Kriterium einer für die nationale Sache kämpfenden Arbeiterklasse und verurteilt sie darüber! Und die Bourgeoisie misst er an der Relativierung der Partikularinteressen am nationalen Gesamtinteresse ( der Bourgeoisie) und verurteilt sie darüber! Und hier adelt er nicht mehr nur einen Faschisten durch bürgerliche Kriterien, sondern nimmt selbst die faschistische Weltanschauung an.Jetzt, wo der deutsche Widerstand durch den Schurkenstreich Dr. Lutterbecks und noch mehr durch die Wirtschaftspolitik der besitzenden Klassen zu einem Spott geworden ist, fragen wir die ehrlichen, patriotischen Massen, die gegen die französische imperialistische Invasion kämpfen wollen: Wie wollt Ihr kämpfen, auf wen wollt Ihr Euch stützen? Der Kampf gegen den ententischen Imperialismus ist Krieg, selbst wenn in ihm die Kanonen schweigen. Man kann keinen Krieg an der Front führen, wenn man das Hinterland in Aufruhr hat. Man kann im Hinterlande eine Minderheit niederhalten. Die Mehrheit des deutschen Volkes besteht aus arbeitenden Menschen, die kämpfen müssen gegen die Not und das Elend, das die deutsche Bourgeoisie über sie bringt. Wenn sich die patriotischen Kreise Deutschlands nicht entscheiden, die Sache dieser Mehrheit der Nation zu der ihrigen zu machen und so eine Front herzustellen, gegen das ententistische und das deutsche Kapital, dann war der Weg Schlageters ein Weg ins Nichts, dann würde Deutschland angesichts der ausländischen Invasion, der dauernden Gefahr seitens der Sieger zum Felde blutiger innerer Kämpfe, und es wird dem Feinde ein Leichtes sein, es zu zerschlagen und zu zerstückeln.“

Radek empfiehlt denjenigen auf dem Standpunkt der Nation, der nur eine Chiffre für den Standpunkt der Bourgeoisie ist, die Arbeiter ruhig zu halten, um ihr Ziel zu verfolgen! Das ist ehrlich, nicht im sentimental romantischen Sinne Radeks, sondern im profanen Sinne, dass Radek hier dem Publikum keinen Sand in die Augen streut.

In diesem profanen Sinne sehr unehrlich ist es, wie es weitergeht. Denn Radek suggeriert doch tatsächlich diese Linie würde sich gegen das deutsche Kapital richten. Wie ein Kuschelkurs mit den Anhängern der brutaleren Form der Diktatur der Bourgeoisie sich gegen diesen Inhalt richten soll, bleibt ein Rätsel.

Für Radek steht der Hauptfeind nicht mehr im eigenen Land, sondern westlich des Rheins. Der Klassenkampf soll entschieden werden, um die Vaterlandsverteidigung besser zu meistern. Das ist nicht die Linie Liebknechts und Luxemburgs, das ist die Linie Eberts und Noskes. Bloß waren die weniger verlogen.

Als nach Jena Gneisenau und Scharnhorst sich fragten, wie man das deutsche Volk aus seiner Erniedrigung hinausbringen kann, da beantworteten sie die Frage: Nur, indem man den Bauern frei macht – aus der Hörigkeit und Sklaverei der Freien. Nur der freie Rücken des deutschen Bauern kann die Grundlage bilden für eine Befreiung Deutschlands. Was die deutsche Bauernschaft am Anfang des 19. Jahrhunderts war, das ist für die Geschicke der deutschen Nation am Anfang des 20. Jahrhunderts die deutsche Arbeiterklasse. Nur mit ihr zusammen kann man Deutschland von den Fesseln der Sklaverei befreien, nicht gegen sie.

Die preußischen Reformen waren die Anbahnung des Bündnisses von militäradligem Großgrundbesitz und Bourgeoisie, das später das Kaiserreich gründen sollte, und es ist sehr vielsagend, dass Radek sich positiv darauf bezieht.

Vom Kampf sprechen die Genossen Schlageters an seinem Grabe. Den Kampf weiterzuführen, schwören sie. Der Kampf richtet sich gegen einen Feind, der bis auf die Zähne bewaffnet ist, während Deutschland zermürbt ist. Soll das Wort vom Kampfe keine Phrase sein, soll er nicht in Sprengkolonnen bestehen, die Brücken zerstören, aber nicht den Feind in die Luft sprengen können, die Züge zum Entgleisen bringen, aber nicht den Siegeszug des Ententekapitals aufhalten können, so erfordert dieser Kampf die Erfüllung einer Reihe von Vorbedingungen. Er fordert von dem deutschen Volke, daß es bricht mit denen, die es nicht nur in die Niederlage hineingeführt haben, sondern die diese Niederlage, die Wehrlosigkeit des deutschen Volkes verewigen, indem sie die Mehrheit des deutschen Volkes als den Feind behandeln. Er erfordert den Bruch mit den Leuten und den Parteien, deren Gesicht wie ein Medusengesicht auf die anderen Völker wirkt und sie gegen das deutsche Volk mobilisiert. Nur, wenn die deutsche Sache die des deutschen Volkes ist, nur wenn die deutsche Sache im Kampfe um die Rechte des deutschen Volkes besteht, wird sie dem deutschen Volke tätige Freunde werben. Das stärkste Volk kann nicht ohne Freunde bestehen, desto weniger ein geschlagenes, von Feinden umgebenes Volk. Will Deutschland imstande sein, zu kämpfen, so muß es eine Einheitsfront der Arbeitenden darstellen, so müssen die Kopfarbeiter sich mit den Handarbeitern vereinigen zu einer eisernen Phalanx. Die Lage der Kopfarbeiter erfordert diese Einigung. Nur alte Vorurteile stehen ihr im Wege. Vereinigt zu einem siegreichen, arbeitenden Volk, wird Deutschland imstande sein, große Quellen der Energie und des Widerstandes zu entdecken, die jedes Hindernis überwinden werden. Die Sache des Volkes zur Sache der Nation gemacht, macht die Sache der Nation zur Sache des Volkes. Geeinigt zu einem Volk der kämpfenden Arbeit, wird es Hilfe anderer Völker finden, die um ihre Existenz kämpfen. Wer in diesem Sinne den Kampf nicht vorbereitet, der ist fähig zu Verzweiflungstaten, nicht fähig aber zum wirklichen Kampfe.

Dies hat die Kommunistische Partei Deutschlands, dies hat die Kommunistische Internationale an dem Grabe Schlageters zu sagen. Sie hat nichts zu verhüllen, denn nur die volle Wahrheit ist imstande, sich den Weg zu den tief leidenden, innerlich zerrissenen, suchenden nationalen Massen Deutschlands zu bahnen. Die Kommunistische Partei Deutschlands muß offen den nationalistischen kleinbürgerlichen Massen sagen: Wer im Dienste der Schieber, der Spekulanten, der Herren von Eisen und Kohle versuchen will, das deutsche Volk zu versklaven, es in Abenteuer zu stürzen, der wird auf den Widerstand der deutschen kommunistischen Arbeiter stoßen. Sie werden auf Gewalt mit Gewalt antworten. Wer aus Unverständnis sich mit den Söldlingen des Kapitals verbinden wird, den werden wir mit allen Mitteln bekämpfen. Aber wir glauben, daß die große Mehrheit der national empfindenden Massen nicht in das Lager des Kapitals, sondern in das Lager der Arbeit gehört. Wir wollen und wir werden zu diesen Massen den Weg suchen und den Weg finden. Wir werden alles tun, daß Männer wie Schlagerer, die bereit waren, für eine allgemeine Sache in den Tod zu gehen, nicht Wanderer ins Nichts, sondern Wanderer in eine bessere Zukunft der gesamten Menschheit werden, daß sie ihr heißes, uneigennütziges Blut nicht verspritzen um die Profite der Kohlen- und Eisenbarone, sondern um die Sache des großen arbeitenden deutschen Volkes, das ein Glied ist in der Familie der um ihre Befreiung kämpfenden Völker. Die Kommunistische Partei wird diese Wahrheit den breitesten Massen des deutschen Volkes sagen, denn sie ist nicht die Partei des Kampfes um ein Stückchen Brot allein der industriellen Arbeiter, sie ist die Partei der kämpfenden Proletarier, die um ihre Befreiung kämpfen, um die Befreiung, die identisch ist mit der Freiheit ihres gesamten Volkes, mit der Freiheit all dessen, was arbeitet und leidet in Deutschland. Schlageter kann nicht mehr Wahrheit vernehmen. Wir sind sicher, daß Hunderte Schlageters sie vernehmen und sie verstehen werden. (Allgemeiner Beifall der Erweiterten Exekutive.)

Der zentrale Satz in diesem Abschnitt war:„Die Sache des Volkes zur Sache der Nation gemacht, macht die Sache der Nation zur Sache des Volkes.“

Das ist die vollständige Verwirrung des bürgerlichen und proletarischen Volksbegriffs. Das vage Geschwätz in dem Absatz drumherum beinhaltet nicht ein einziges mal die Formulierungen proletarische Revolution oder Diktatur des Proletariats, sodass irgendwie klar werden würde, ob Radek die Rekonstitution der Nation als Diktatur des Proletariats oder Korporatismus vorschwebt.

„Wir werden alles tun, daß Männer wie Schlageter, die bereit waren, für eine allgemeine Sache in den Tod zu gehen, nicht Wanderer ins Nichts, sondern Wanderer in eine bessere Zukunft der gesamten Menschheit werden, daß sie ihr heißes, uneigennütziges Blut nicht verspritzen um die Profite der Kohlen- und Eisenbarone, sondern um die Sache des großen arbeitenden deutschen Volkes, das ein Glied ist in der Familie der um ihre Befreiung kämpfenden Völker.“

Hier findet sich erneut die rechtsopportunistische Ignoranz gegen den Inhalt der „allgemeinen Sache“ Schlageters, der vielleicht nicht auf dem Standpunkt seines Individuums, aber auf dem Standpunkt der Bourgeoisie stand. Zu suggerieren ein Kampf von solchem Standpunkte aus ließe sich durch rührselig anbiederndes Geschwätz in den Dienst der proletarischen Weltrevolution stellen, gibt diese preis, um mehr Reihen ehrlich, männlich, und kämpferisch marschieren zu lassen – nur leider in die falsche Richtung.

Die Methode, die Radek hier anwendet, besteht darin richtige Standpunkte zu vertreten, aber falsche Kriterien zu verwenden. So lähmt er die marxistisch geschulte Vernunft des Publikums, und appelliert an das preußische Gefühl. Er stärkt die rechte Linie in seinem deutschen Publikum ohne argumentativ für diese einzutreten. Diese Methode wurde weniger elegant in jüngster Vergangenheit vom Jugendwiderstand angewendet. Da wird ehrlich gekämpft, salutiert, standhaft geblieben und sich ehrenvoll gestellt. Damals wie heute wird sich dem deutschen Faschismus angebiedert. Und was wir nicht vergessen dürfen, Radek, die Sau, hat sich damit durchgesetzt.

Es ist kein Wunder, dass die Mariateguisten mit ihrer mythischen Schwärmerei so diesen neuen Nationalbolschewismus hervor gebracht haben. Zum Glück hat er sich auch schon wieder erledigt.

5. Fazit

Das Problem für die Kommunisten in Deutschland ist die Form so zu wählen, dass für eine militarisierte, kommunistische Partei neuen Typs als Avantgarde der proletarischen Revolution und dem Volkskrieg als einzigem Weg zur Befreiung geworben wird, ohne den deutschen, bürgerlichen Militarismus zu fördern. Das romantisch-senitmentale Pathos des Deutschtums ist vernunftfeindlich. Doch die Kommunisten sollten sich nicht einfach hinstellen und sagen, das gefällt uns nicht, sondern sich zweckmäßig auf diesen Aspekt des deutschen Nationalcharakters beziehen. Wir können nicht sagen, wir sind unzufrieden mit dem Volk, wir wählen uns ein anderes. Deutsche bekommen Gänsehaut, wenn in Reih und Glied, uniformiert marschiert wird, wenn Fahnen wehen, pathetische Reden gehalten werden, wenn nicht schlaff, sondern gespannt gestanden wird. Andererseits genießen Deutsche die ironische Verächtlichmachung all dessen und eine Theoriebeflissenheit, die nichts dienen will außer sich selbst und dem Selbstwertgefühl des Theoretikers, dafür steht vor allem die linke Intelligenz. Deswegen hat hier eine Organisation wie der Gegenstandpunkt, die Hegel nicht vom Kopf auf die Füße stellt, sondern nachahmt, auch verhältnismäßig viel Erfolg. Unsere Aufgabe besteht darin, die Massen bis zur Gänsehaut zu begeistern mit einer militärischen Form der Praxis und einer ableitenden Form der Theorie ohne jemals den Inhalt, die proletarische Ideologie, also Klassenstandpunkt, Weltanschauung und Methode, zu relativieren. Die Form muss zuvörderst dem Inhalt entsprechen, und nur auf dieser Grundlage, darf sie sich nach dem Publikum richten.

Diese militärische Form ist als Ausdruck von Disziplin und Ernsthaftigkeit, und als Zurschaustellung des Bewusstseins der Notwendigkeit des Volkskrieges dem Inhalt des Marxismus-Leninismus-Maoismus angemessen, und nutzt den Nationalcharakter der deutschen Massen, um sie für sich zu begeistern, und auf dieser Grundlage zu mobilisieren, zu politisieren und zu organisieren; das heißt mittels proletarischer Ideologie den preußischen Untertanengeist zu bekämpfen. Der bürgerliche Kadavergehorsam muss zerschlagen und durch bewusste, proletarische Disziplin ersetzt werden. Die bürgerliche Theoriebeflissenheit muss ausgemerzt werden, und eine theoretische Ernsthaftigkeit und wissenschaftliche Redlichkeit im Dienst am Volk und der Entwicklung der Revolution als Teil der proletarischen Weltrevolution entwickelt werden. Der Mythos und die Verkörperung der Mariateguisten hingegen benutzen einen hohlen Formalismus, um die Massen mittels Kadavergehorsam in eine Organisation preußischer Untertanen zu drängen. Doch den Kadavergehorsam müssen wir samt Stumpf und Stiel ausrotten. Das geht aber nur mit der Vernunft der proletarischen Revolution.

1 Mariategui: El Hombre y el Mito. Bd. 3 der spanischen Werkausgabe. Link: https://www.marxists.org/espanol/mariateg/oc/el_alma_matinal/paginas/el%20mito%20y%20el%20hombre.htm

2 zit. n. Lenin, Werke Bd. 14, S. 294; auf Seite 80 Werke Bd. 21 ordnet er ihn als anarchistischen und syndikalistischen Kritiker des Marxismus ein.

3 Bei Interesse an mehr Details lese man 1. Sorel, Georges: Decomposition of Marxism., in: Horowitz, Irving (Hrsg.): Radicalism and the Revolt Against Reason. New York 2009, S. 207-255. 2. Sorel, Georges: Reflections on Violence. Cambridge 1999.

4 Sorel, Georges: Reflections on Violence. S. 20.

5 Sorel, Georges: Reflections on Violence. S. 21.

6 Sorel, Georges: Reflections on Violence. S. 29.

7 Sorel, Georges: Reflections on Violence. S. 30.

8 Sorel, Georges: Reflections on Violence. S. 31.

9 Sorel, Georges: Reflections on Violence. S. 34.

10 Sorel, Georges: Reflections on Violence. S. 35.

11 Mariategui: El Hombre y el Mito

12 Mariategui: La Lucha Final

13 Mariategui: La Emocion de Nuestro Tiempo.

14 PCP: Retomemos a Mariategui y Reconstituyamos su Partido., zit. n. http://www.banderaroja.org/PCP/PCP_RETOMEMOS_A_MARIATEGUI.html

15 PCP: Let us Retake Mariategui and Reconstitute his Party., zit. n. http://www.redsun.org/pcp_doc/pcp_1075.htm

16 PCP: Retomemos a Mariategui y Reconstituyamos su Partido., zit. n. http://www.banderaroja.org/PCP/PCP_RETOMEMOS_A_MARIATEGUI.html

17 PCP: Let us Retake Mariategui and Reconstitute his Party., zit. n. http://www.redsun.org/pcp_doc/pcp_1075.htm

19 Vgl. Hegel: Grundlinien der Philosophie des Rechts, Werke Bd. 7, Frankfurt am Main 1986, §4, S. 46-49.

20 Lukacs: Die Zerstörung der Vernunft. S. 10 f.

21 Das heißt nicht, dass sie es nicht mehr versucht. Der sogenannte Neoliberalismus argumentiert mit „ökonomischen Sachzwängen“, also mit der Vernunft des Kapitals und die Abschaffung der Grundrechte im Zuge der Corona-Pandemie wurde epidemiologisch gerechtfertigt.

22 Eventuellen Kritikern dieses Textes sei zur Kenntnis gereicht, dass das Buch 1954 veröffentlicht wurde, nachdem Lukacs Selbstkritik für seine „linkskommunistischen“ Abweichungen in der Vergangenheit gemacht hatte. Ihr müsst es schon inhaltlich angreifen.

23 Gramsci war Marxist-Leninist. Wer etwas anderes behauptet, kann nicht lesen oder lügt.

24 Dieser Ansatz drückt sich auch in seiner allgemeinen Einschätzung Sorels aus:„Der von der „Nuova Antologia“ veröffentlichte Aufsatz reproduziert alle Stärken und alle Schwächen Sorels: er ist gewunden, sprunghaft, zusammenhangslos, oberflächlich, sibyllisch, usw.; aber er bietet originelle Gesichtspunkte oder regt sie an, findet ungedachte und gleichwohl wahre Zusammenhänge, zwingt zum Nachdenken und zum Vertiefen.“ Gramsci: Gefängnishefte Bd. 6, Heft 11, §66, S. 1480.

25 Das ist das gleiche Problem, das Mao Tse Tung in „Rede bei der Aussprache in Yenan über Literatur und Kunst“ in Ausgewählte Werke Bd. 3, S. 75-111 aufwirft.

26 Wir beziehen uns hier auf die Ausführungen Hegels in seiner Psychologie, der die Sache jedenfalls tiefgründiger, dialektischer und sogar materialistischer aufgefasst hat als Sorel.

27 Teilweise haben wir offensichtliche Fehler korrigiert, um die Lesbarkeit und die Verständlichkeit zu verbessern.

28Marx spricht vom „Volk“. Wir wissen aber, daß er die kleinbürgerlichen Illusionen von der Einheit des „Volkes“ und vom Nichtvorhandensein des Klassenkampfes innerhalb des Volkes stets schonungslos bekämpft hat. Das Wort „Volk“ gebrauchte Marx, nicht um die Klassenunterschiede zu vertuschen, sondern um bestimmte Elemente zusammenzufassen, die fähig sind, die Revolution zu Ende zu führen.“ Lenin, Zwei Taktiken der Sozialdemokratie in der demokratischen Revolution in: Werke Bd. 9, S. 124. Vgl. Mao Tse Tung, Über die richtige Behandlung der Widersprüche im Volke in: Werke Bd. 5, S. 434-447.