Zu Gast bei 99zueins zum Thema Inflation – Ergänzungen

Wir waren zu Gast bei 99zueins und haben mit Nadim über Inflation gesprochen. In der Folge versuchen wir ihre allgemeine Funktionsweise heutzutage und die konkreten Gründe für ihren Anstieg in den letzten Jahren zu erklären. Dabei reden wir u.a. über die anhaltende Überakkumulationskrise und die staatlichen Maßnahmen zu ihrer Bewältigung, die Coronapandemie und den Wirtschaftskrieg gegen Russland. Am Schluss kommen wir auf die Konsequenzen dieser Analyse für die politische Praxis zu sprechen. Leider reden wir in dem Teil ausschließlich über die Notwendigkeit in der Agitation über den wahren Charakter der Inflation, die flächendeckende Reallohnsenkung für die Arbeiterklasse, aufzuklären, und nicht über konkrete Kampfformen und Tageskampfforderungen. In unserem Text schreiben wir dazu:

Die klassenkämpferischen Maßnahmen der Bourgeoisie müssen mit Lohnkämpfen beantwortet werden, die mindestens die Inflationsraten ausgleichen. Dafür müssen Kommunisten in der Arbeiterklasse Agitation und Propaganda machen, gegen die Bourgeoisie hetzen, und die Gewerkschaften kritisieren. Das Argument der „Lohn-Preis-Spirale“ sagt nichts über die Realität aus, sondern über die Subjektivität desjenigen, der das Argument macht. Denn damit wird nichts weiter gesagt als, dass man parteilich ist für steigende oder wenigstens stagnierende Profitraten. Ein Unternehmer, der höhere Löhne zahlt, muss einfach mit dem sinkenden Profit leben, wenn er die Preise nicht heben kann. Ob er es kann, hängt nicht von den Löhnen, sondern der Konkurrenz seiner Käufer ab. Es gibt im Übrigen auch andere Maßnahmen im Klassenkampf als den Streik, falls sich solch eine Spirale tatsächlich ergeben sollte. Solche Lohnkämpfe lassen sich zurzeit nur mit den gelben Gewerkschaften führen, denn man braucht Streikkassen, um zu streiken.

Darüber hinaus hat der bürgerliche Staat während der Coronapandemie bewiesen, dass er die Steuern senken kann, wenn er meint, dass es der Bourgeoisie nützt. Nun muss man ihn durch Kampfmaßnahmen dazu zwingen, die Steuern auch zu senken, wenn es dem Proletariat nützt. Dies kann man tun, indem man ihm die Kalkulation aufmacht, dass der Schaden an der Kapitalakkumulation am Standort, dem sozialen Frieden und seiner Macht höher ausfällt, wenn er auf seinen Steuersätzen beharrt, als wenn er die Steuern, insbesondere die Lohn- und Mehrwertsteuer, senkt. Er kann darauf auch mit erhöhter Repression reagieren, woraufhin man den Kampf weiter eskalieren müsste, denn man kann am Verhandlungstisch nur durchsetzen, was man auf dem Schlachtfeld gewonnen hat.

In diesen Kämpfen und der Agitation und Propaganda muss darauf hingewiesen werden, dass wir in einer Gesellschaft leben, worin der Staat nur existiert, um die Macht und den Profit der Bourgeoisie zu sichern, deren Eigentum sich in der Form des Finanzkapitals befindet, und in seinem rastlosen Versuch sich zu verwerten, diese Verwertung selbst gefährdet, und somit die Lebensgrundlage aller Klassen, die davon abhängig gemacht werden. Die Klassen des Volkes, die die Arbeit machen, schuften unter dem Regime der Bourgeoisie, werden für seine Widersprüche haftbar gemacht. Diese Gesellschaft ist nicht die beste aller Welten, und sie entspricht auch nicht der Natur des Menschen. Diese Gesellschaft ist ein irrationales Monster, das in dem Dilemma aus Rezession und Stagflation den Völkern der Welt nichts anderes zu bieten hat als Verarmung und Krieg.

Außerdem grenzen wir uns im Verlaufe der Folge nur negativ von einem Staatsverständnis ab, das die Herrschaft der Bourgeoisie als apersonal bzw. unpersönlich begreift und bestimmen nicht positiv, was wir meinen, was der bürgerliche Staat ist. Das wollen wir hier in aller Kürze nachholen:

Der bürgerliche Staat ist der bürokratische und militärische Apparat, der aus den Widersprüchen der kapitalistischen Klassengesellschaft hervorgeht, diese betreut und damit haltbar macht. In seiner Machtausübung ist er abhängig von der Kapitalakkumulation auf seinem Territorium, weshalb er seiner nationalen Bourgeoisie möglichst gute Bedingungen dafür beschert, im In- und Ausland. Dabei beschränkt er die Partikularinteressen der Bourgeoisie teilweise. Sein Zweck ist es, dem Kapital, in erster Linie den finanzkapitalisitschen Monopolen, dauerhaft und langfristig die höchsten Profite zu ermöglichen. Dafür will er ihre Macht erhalten, nach innen wie nach außen.

Darüber hinaus ist die Führung des Staates selbst Teil der herrschenden Klasse. Erstens, weil ihre Funktion im Produktionsverhältnis die Ausübung der politischen Herrschaft der Bourgeoisie über den Rest der Gesellschaft ist. Zweitens, weil sie aufgrund der Höhe ihres Einkommens und ihrer personellen Verflechtungen mit den finanzkapitalistischen Monopolen, ein eigenes materielles Interesse an der Aufrechterhaltung und Vermehrung der ökonomischen Macht dieser haben. Sie üben ihre Ämter im Interesse ihrer Klasse aus und vertreten nebenbei auch die Partikularinteressen bestimmter Fraktionen ihrer Klasse.

Dieser politökonomische Staatsbegriff lässt sich treffend zusammenfassen in der Bezeichnung des Staats als „Diktatur der Bourgeoisie“. Eine genauere Auseinandersetzung mit dem bürgerlichen Staat und seinem Verhältnis zu seinesgleichen werden wir in den kommenden Monaten veröffentlichen.

Ansonsten sind wir sehr zufrieden mit der Folge und wünschen euch viel Spaß beim hören. Fragen, Anmerkungen und Kritiken könnt ihr uns gerne per Mail schicken, an sperling@riseup.net.

„Working: What We do All Day“, oder: Analyse der Klassen der amerikanischen Gesellschaft, von Ex-Präsident Barack Obama

Der ehemalige Vorsitzende des US-Imperialismus, der diesen acht Jahre lang und durch harte Zeiten führte (Finanzkrise, diverse Kriege etc.), hat nach seinem Abschied aus der Schaltzentrale der Weltmacht einen zweiten Karriereweg eingeschlagen. Er ist politischer Aktivist geworden und verdient als solcher einen Teil seines Vermögens nun mit lukrativen Buch-, Podcast oder Netflix-Deals. So kann er… „Working: What We do All Day“, oder: Analyse der Klassen der amerikanischen Gesellschaft, von Ex-Präsident Barack Obama weiterlesen

Thesen zur Inflation 2021 ff.

Unter Inflation wird das durchschnittliche Steigen der Warenpreise verstanden, das in seiner Allge­meinheit einer Entwertung des Geldes, also einem Verfall der Zugriffsmacht auf gesellschaftlichen Reichtum, die das Geld ist, entspricht. Die Inflation wird statistisch gemessen als durchschnittliches Steigen der Preise eines definierten Warenkorbs, was dann als prozentualer Verlust der Kaufkraft ei­ner Einheit des Geldes berechnet wird. Das gilt es zu erklären.
Als Thesenpapier ist diese Darstellung notwendig verkürzt. Ausführlicher stellen wir den Gegen­stand im Text zur Inflation 2021ff. dar.

Das ZDF steht Gewehr bei Fuß: Öffentlich-rechtliche Propaganda in Kriegszeiten

Das YouTube-Format „Inside Politix“ des ZDF ist ein Paradebeispiel dafür, wie sich die bürgerliche Presse in Zeiten sich zuspitzender imperialistischer Widersprüche, selbst gleichschaltet. Dies soll im Folgenden exemplarisch anhand des Beitrags mit dem Titel „Warum Boris Pistorius gerade (fast) alles richtig macht“ gezeigt werden. Schon der Titel kündigt an, wo die Reise beginnt und wohin… Das ZDF steht Gewehr bei Fuß: Öffentlich-rechtliche Propaganda in Kriegszeiten weiterlesen

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Die Inflation 2021 ff.

Erneut legen wir einen Text vor, der den Mangel an sich hat, für ein sehr beschränktes Publikum verständlich zu sein. Wir veröffentlichen ihn trotzdem, weil er unserer Meinung nach immer noch besser ist als alle anderen Texte, die bisher zum Thema Inflation veröffentlicht wurden. Wir wissen, dass es ein marxistisches Publikum gibt dem dieser Text in dieser Form helfen wird, sich das Phänomen selbst zu erklären, und anderen beim Verständnis zu helfen. Des weiteren hoffen wir, dass Leute mit Interesse am Verständnis der Inflation, die diesen Text aber nicht verstehen, an uns heran treten. Vielleicht können wir sich ergebende Fragen klären.

Grundkurs Marxismus

Dieser „Grundkurs“ soll einen Überblick über wichtige Texte des Marxismus verschaffen und als kleine Anleitung bei ihrer Lektüre dienen. Wir empfehlen das Studium der vorgestellten Texte allen Revolutionären und Marxisten, und denen die es werden wollen.

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Die Pleite der SVB: Die Finanzkrise geht weiter

Seit der Pleite der Silicon Valley Bank am 13.03.23 entfaltet sich eine Finanzkrise, die bereits ver­schiedene kleinere Banken in den USA in Zahlungsschwierigkeiten brachte. Nun strauchelt auch die Credit Suisse, eine der beiden Schweizer Großbanken, und wird gerettet, indem die andere Schwei­zer Großbank UBS sie aufkauft. Die Kurse von allen möglichen Banken stürzen an den Börsen ab. Die Notfallfinanzierung der Banken durch die Federal Reserve Bank erreicht ähnliche Höhen wie 2008 und 2020. Aber der Reihe nach.

Thesenpapier: Das Patriarchat im Kapitalismus und seine Abschaffung

Im Kapitalismus ist die Produktion von der Reproduktion der Arbeitskraft getrennt. Die Produktion findet in Form der Ausbeutung des Proletariats durch die Bourgeoisie zwecks Profit statt. Das erfordert die fortwährende Reproduktion der Arbeiterklasse, in größerem Ausmaße als ihrem Verschleiß. Einerseits erfordert es die Reproduktion als unmittelbare Wiederherstellung der Arbeitskraft zum nächsten Arbeitseinsatz und andererseits als Reproduktion der Arbeiterklasse im nationalen Rahmen, sprich der Aufzucht des Nachwuchses.
Zu diesen Zwecken hat die Bourgeoisie die vorgefundene patriarchale Arbeitsteilung umgestaltet und die Familie zur Keimzelle der bürgerlichen Gesellschaft gemacht. In dieser wird die notwendige Arbeit zur Reproduktion der Arbeitskraft privat organisiert und hauptsächlich von Frauen geleistet.

Thesis Paper: Introduction to the Critique of Capitalism

Under capitalism, all things exist as private property. On the one hand, private individuals have the power of disposal over the things they own, which means that they can exclude everyone else from them. Property is therefore not a relationship between a person and a thing, but a social relationship between different wills. As a result, people are initially excluded from the things they need to satisfy their needs. So they have to exchange.