Das YouTube-Format „Inside Politix“ des ZDF ist ein Paradebeispiel dafür, wie sich die bürgerliche Presse in Zeiten sich zuspitzender imperialistischer Widersprüche, selbst gleichschaltet. Dies soll im Folgenden exemplarisch anhand des Beitrags mit dem Titel „Warum Boris Pistorius gerade (fast) alles richtig macht“ gezeigt werden.
Schon der Titel kündigt an, wo die Reise beginnt und wohin sie geht. Besprochen wird der neue Kriegsminister Boris Pistorius von der SPD. Nun ist ein solcher Wechsel an der Spitze des deutschen Militärapparates durchaus etwas, das man sich genauer anschauen sollte. Doch der ZDF-Hauptstadtkorrespondentin Christiane Hübscher geht es offensichtlich gar nicht darum, die Politik von Boris Pistorius zu erklären, welche Gründe es für sie gibt und welche Interessen dahinter stehen. Die Frage die sie umtreibt ist, ob er denn „dabei“ alles „richtig“ macht. Sie analysiert nicht, was er tut, sie beurteilt, wie er es tut. Das Kriterium nach dem sie urteilt ist sein Erfolg. Das ist der völlig unkritische und affirmative Standpunkt einer bürgerlichen Journalistin, die den Zweck und die Funktion des „Verteidigungsministers“, den deutschen Imperialismus militärisch auf Vordermann zu bringen, teilt und seine Ausübung dieses Amtes daraufhin prüft.
Ihre „Analyse“ beginnt mit einer Aufzählung. Zu den Dingen, die Pistorius „gut macht“ gehören: „1. Panzer abgeben, 2. Soldaten zuhören, 3. Kabinettskollegen umarmen.“ Er sei einer, der „endlich anpackt“. Darin ist sich Frau Hübscher einig mit Vertretern der CDU und der Grünen und laut Umfragen auch mit fast allen anderen Bürgern dieser Nation: Boris genießt zurzeit die höchsten Beliebtheitswerte, auf Facebook finden sich ausschließlich positive Kommentare über ihn, und auch der als „nüchterner Diplomat“ bezeichnete Leiter der Münchner Sicherheitskonferenz, Christoph Heusgen, lobt ihn. Selbst die BILD, ein bekanntermaßen friedensliebendes und herrschaftskritisches Blatt, sei in ihn verliebt…
Nach diesen vielversprechenden Hinweisen auf Boris Kompetenz in Sachen Oberste Heeresleitung geht die Hauptstadtkorrespondentin nun investigativ der Frage nach: „Kann er wirklich der Retter der Bundeswehr sein?“
Sie tut das, ganz modern, indem sie das interessierte Publikum an exklusiven und persönlichen Eindrücken ihrer eigenen Erfahrungen mit dem „neuen Star im Kabinett“ teilhaben lässt. Sie teilt nämlich mit uns „Beobachtungen von ihrer Dienstreise mit Boris Pistorius in Afrika und analysiert, was den Verteidigungsminister aktuell so erfolgreich macht.“ Sein Erfolgsrezept sieht so aus:
„1. Der Pistorius Sound“
Sie lobt den neuen Kriegsminister für seine Kommunikation: „militärisch knapp, aber eben so das es doch jeder versteht“ und das auch noch in verschiedenen Sprachen. Soll heißen: Endlich sitzt da einer, der Ahnung hat und weiß, wo es lang geht. Und dass er so redet, dass es jeder versteht, macht ihr den Job auch leichter. Sie kann ihn einfach beim Wort nehmen, knackige O-Töne senden und so seine Sicht der Dinge, gesegnet durch die „Unabhängigkeit“ der Öffentlich-Rechtlichen, in die Welt tragen.
„2. Der Nahbare“
Als weiteren Beweis für den kompetenten Führungsstil ihres neuen Lieblings führt Christiane Hübscher seine „Nahbarkeit“ an. Dieser Minister ist kein abgehobener Berliner Abgeordneter, sondern ein bodenständiger Beamter. Er nimmt sich Zeit für einfache Soldaten und noch einfachere Journalisten. Beim Hintergrundgespräch im Flugzeug auf ihrer gemeinsamen Afrika-Expedition erklärt er den anwesenden Pressevertretern nochmal alles ganz genau, damit auch wirklich jeder versteht, was nachher gesendet werden soll. Christiane freut sich über diese Nachhilfestunde. Danach hat sie wirklich alles verstanden.
In der zweiten Hälfte des Beitrags kommt sie dann überraschenderweise doch noch „zur Sache“. Unter dem Titel „3. Die Riesenaufgabe“ beginnt sie über den Inhalt seiner Politik zu sprechen. Zitat: „Pistorius hat mit der Bundeswehr krasse Aufgaben vor sich… Der Verteidigungsminister muss liefern. Nicht nur Panzer in die Ukraine, sondern auch sonst. Es fehlt, das ist ja bekannt, der Bundeswehr an allem, von der Unterhose bis zur Panzerhaubitze.“ Bei der „krassen“ Aufgabe des neuen Kriegsministers, die Zeitenwende real zu machen, sprich die Schlagkraft des deutschen Imperialismus wiederherzustellen, sorgt sich Frau Hübscher natürlich darum, ob er „genug Ahnung von der Materie“ hat.
Zu ihrem Glück hat der Mann Verwaltungserfahrung als Oberbürgermeister gesammelt und macht sich nun daran, den „aufgeblähten Verwaltungsapparat“ des Ministeriums zu „verschlanken“ und zu „straffen“. Im Klartext: Die Kriegsmaschinerie muss effizienter werden um im Kriegsfalle auch reibungslos zu funktionieren. Dafür wird die Führungsebene reduziert, um schneller und besser Entscheidungen treffen zu können. Außerdem soll es künftig weniger Papierkram, dafür aber einen neuen zentralen Planungs- und Führungsstab im „zivilen“ Verteidigungministerium mit einem General an der Spitze geben (Youtube-Star und Ukraine-Erklärer Brigadegeneral Dr. Christian Freuding). Um dafür Platz zu machen werden die Büros der Staatssekretäre, des Generalinspekteurs und des Ministers entsprechend verkleinert. Die Militarisierung des bürokratischen Teils des Staatsapparats schreitet also voran, um ihren zukünftigen Aufgaben gerecht werden zu können.
Besorgt um das Gelingen dieses Vorhabens fragt Frau Hübscher im letzten Teil: „Was könnte schiefgehen?“ und antwortet, dass es vor allem nicht schnell genug bei der Aufrüstung voran geht. Noch schlimmer, die Bundeswehr steht sogar schlechter da als je zuvor, weil es ihr an allem mangelt was man so braucht um Krieg zu führen. Das Problem: Die Bundeswehr hat nicht genügend Geld. Die Lösung: Die Bundeswehr braucht mehr Geld. „Und zwar viel mehr, als die 100 Milliarden Sondervermögen“, darauf besteht Frau Hübscher, parteilich wie sie ist.
Zum Schluss richtet sie sich nochmal direkt ans Publikum und fragt: „Was meint ihr? Wie gefällt euch dieser radikale Pistorius, der gerade ziemlich viel anpackt? Habt ihr Vertrauen in seinen Führungsstil? Kann er wirklich die Bundeswehr retten? Schreibt uns eure Meinung in die Kommentare…“ Und gibt so die Fragen vor nach denen ein mündiger Staatsbürger die Angelegenheiten beurteilen soll, in denen er zwar keine Mitsprache hat, zu denen er sich aber kritisch-affirmativ verhalten soll. Ein kleiner Schritt in Richtung Kriegsbegeisterung ist damit getan. Und das ZDF hat seinen Beitrag dazu geleistet den notwendigen Konsens für das Ziel des neuen Kriegsministers im Volk herzustellen: Die Kriegstauglichkeit des deutschen Militärapparats als Teil der (Welt-)Kriegsvorbereitung der imperialistischen Staaten herzustellen. Das erklärt die Hauptstadtkorrespondentin Hübscher zwar nicht, dafür aber ganz deutlich, dass sie ihm ideologisch dabei zur Seite steht.
Wer sich das selbst antun möchte:
https://www.youtube.com/watch?v=J-dPKm6a6ZQ